Arbeitsschutz

Interview zur Arbeitsstättenverordnung

28. September 2017
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Quelle: © DOC RABE Media / Foto Dollar Club

Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) hat eine neue Technische Regel für die Gefährdungsbeurteilung erarbeitet: die ASR V3. Sie trat im Juli 2017 in Kraft. Zugleich formuliert die Arbeitsstättenverordnung (2016) neue Anforderungen. Im Interview mit der Zeitschrift »Gute Arbeit« (GA) erläutert Andrea Fergen ihre Bedeutung.

Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) hat eine neue Technische Regel für die Gefährdungsbeurteilung erarbeitet: die ASR V3. Sie trat im Juli 2017 in Kraft. Zugleich formuliert die Arbeitsstättenverordnung (2016) neue Anforderungen. Im Interview mit der Zeitschrift »Gute Arbeit« (GA) erläutert Andrea Fergen ihre Bedeutung.

Die Arbeitsstättenverordnung 2016 beinhaltet neue Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung. Welche sind das?

Andrea Fergen:

Neu an § 3 der Verordnung ist, dass der Arbeitgeber die Auswirkungen der Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe zu berücksichtigen hat. Und zwar hinsichtlich der physischen wie psychischen Belastungen.

Was heißt das konkret?

Andrea Fergen:

Bislang bezogen sich die psychischen Faktoren im Kontext der Arbeitsstättenverordnung auf Umgebungsfaktoren wie schlechtes Licht oder Lärm. Bei den physischen Belastungen spielten Gefährdungen durch die Arbeitsorganisation eine unbedeutende Rolle, obwohl Körper(zwangs)haltung oder Körper(fort)bewegung infolge des Arbeitsablaufs sehr wichtig sind. Jetzt wird die Arbeitsorganisation als zentraler Belastungsfaktor qualifiziert, der in der Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsstätte zwingend zu berücksichtigen ist. Und zwar sowohl hinsichtlich ihrer psychischen und physischen Auswirkungen. Das ist ein bedeutender Fortschritt für die Praxis.

Zum Beispiel?

Andrea Fergen:

Nun, wer etwa neue Fertigungslinien plant, darf nicht nur darauf schauen, dass alles gerade mal so in die Halle passt. Er muss auch wechselnde Körperhaltungen durch Stehen und Sitzen für die Beschäftigten einplanen und die Abläufe so gestalten, dass sie nicht zu psychischen Beeinträchtigungen wie etwa Monotonie führen. Im Anhang der ASR V3 sind wichtige Gefährdungsfaktoren aufgeführt.

Was bietet die neue Regel noch?

Andrea Fergen:

Die neue Regel schafft mehr Handlungssicherheit bei der Gefährdungsbeurteilung – in zweierlei Hinsicht: Sie beschreibt präzise die einzelnen Prozessschritte, wie Gefährdungen zu ermitteln oder zu beurteilen sind. Und sie erläutert, wie Verordnung und untersetzendes Regelwerk bei der Beurteilung von Gefährdungen zusammenwirken.

Nämlich wie?

Andrea Fergen:

Die ASR V3 legt fest, wie das Beurteilen von Gefährdungen funktioniert: Zunächst ist zu prüfen, ob die in der Verordnung festgelegten Schutzziele wie etwa »eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur« durch eine Technische Regel für Arbeitsstätten konkretisiert sind. Ist dies der Fall, dann bilden die in der ASR beschriebenen Anforderungen, Maße oder Werte den konkreten Maßstab für das Beurteilen der Gefährdung. Weicht die gemessene Temperatur am Arbeitsplatz von den in der ASR beschriebenen Anforderungen ab, muss der Arbeitgeber Abhilfe schaffen.

Gibt es für alle in der ArbStättV genannten Anforderungen Arbeitsstättenregeln?

Andrea Fergen:

Ein Großteil ist durch Regeln untersetzt. Sie sind auf der Homepage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nachzulesen. Für die neuen Anforderungen der 2016er Verordnung etwa zur Bildschirmarbeit oder zur Sichtverbindung nach außen gibt es noch keine Untersetzung durch eine Regel. Hieran arbeitet der ASTA. Für diese Situation sieht die neue ASR V3 vor: Andere gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zur Beurteilung sind heranzuziehen, die Angaben zu Grenz-, Schwellen- oder Richtwerten enthalten. Solche Werte finden sich in Veröffentlichungen der Berufsgenossenschaften, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin oder des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik.

Die Interviewpartnerin:

   

Andrea Fergen ist stellvertretende Vorsitzende des ASTA beim Bundesarbeitsministerium. Sie leitet beim IG Metall Vorstand das Ressort Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz.

    

Hintergrund

Die neue Technische Regel für Arbeitsstätten – die ASR V3 – hilft dabei, die Gefährdungsbeurteilung nach den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) 2016 umzusetzen.

Die neue ArbStättV, die ASR V3 und andere Regeln etwa zur Raumtemperatur oder zur Raumabmessung unter www.baua.de (Arbeitsstättenverordnung, ASR V3).

Quelle:

»Gute Arbeit« (GA) 9/2017, S. 6. Noch kein Abonnent der »Guten Arbeit« (GA)? Jetzt zwei Ausgaben kostenfrei testen!

© bund-verlag.de (ls)

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