Hartz IV

Jobcenter zahlt keine MPU nach Trunkenheitsfahrt

01. Oktober 2014

Das Jobcenter muss keine Kosten für eine MPU und die Wiedererteilung des Führerscheins nach einer Trunkenheitsfahrt übernehmen. Folgekosten von sozialschädlichem Verhalten wie Geldstrafen fallen nicht unter den unabweisbaren, vom Hartz IV - Regelsatz umfassten Bedarf, entschied das Sozialgericht Heilbronn in einem Eilantrag.

Der 54-jährige Hart IV-Empfänger M. verlor nach einer Trunkenheitsfahrt mit 1, 52 Promille seinen Führerschein. Er beantragte beim Jobcenter die Übernahme der Kosten für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis – inklusive einer MPU (Medizinisch-Psychologischen Untersuchung) und hierzu benötigter Vorbereitungskurse in Höhe von mehr als 2.400 €. Das Jobcenter lehnte den Antrag - auch darlehenshalber - ab.

Alkohol gegen »Schmerzen« genommen
Daraufhin beantragte M. vor dem Sozialgericht Heilbronn einstweiligen Rechtsschutz. Er machte geltend, den Führerschein aufgrund eines »Fehlurteils« der »jungen Amtsrichterin« verloren zu haben. Den Alkohol habe er nur aufgrund »Unwohlsein« und »Schmerzen« zu sich genommen.

Wegen seines Rheumas müsse er aber dringend mit eigenem PKW zur ambulanten Kur nach Bad Rappenau fahren. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauere dies über eine Stunde pro Weg und sei mit längerem, ihm nicht zumutbarem Fußweg verbunden.

Keine Übernahme von Folgekosten sozialschädlichen Verhaltens
Das Sozialgericht lehnte den Eilantrag ab. Es handele sich nicht um einen unabweisbaren, vom Hartz IV - Regelsatz umfassten Bedarf. Denn der Entzug der Fahrerlaubnis und die dadurch entstehenden Unkosten, den Führerschein wieder zu erhalten, seien Folge strafbaren Verhaltens. Die Regelleistung solle zwar das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten. Folgekosten von sozialschädlichem Verhalten wie etwa Geldstrafen und Verwarngelder fielen aber nicht hierunter.

Führerschein nicht für eine konkrete neue Arbeitsstelle benötigt
Es sei auch nicht ersichtlich, dass M. den Führerschein benötige, um wieder einen Job zu finden. Eine konkrete Arbeitsstelle, zu deren Einstellungsvoraussetzungen eine gültige Fahrerlaubnis zähle, habe M. jedenfalls nicht nennen können.

Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar
Ferner sei gar nicht sicher, dass M. selbst bei intensivster Vorbereitung die MPU meistere. Es sei ihm zudem nicht unzumutbar, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur ambulanten Kur zu fahren. Der von ihm vorgelegte tägliche »Reiseplan« von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr unterscheide sich nicht von den täglichen Zeiten mancher Berufspendler.

Keine Kostenübernahme aus familiären Gründen
Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, weshalb M. die Kur nicht auch stationär durchführen könne. Das Jobcenter habe schließlich nicht aus familiären Gründen die Kosten für die Wiedererteilung des Führerscheins zu übernehmen: Denn Einkäufe und außerschulische Aktivitäten der Kinder erledige so mancher Haushalt auch ohne Zuhilfenahme eines Kraftfahrzeugs.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Hinweis zur Rechtslage

§ 3 Absatz 1 SGB II:
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit können erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. (…)

§ 24 Absatz 1 SGB II:
Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

Quelle:
SG Heilbronn, Beschluss vom 25.09.2014
Aktenzeichen: S 10 AS 2226/14 ER
PM des SG Heilbronn vom 25.09.2014

© bund-verlag.de (ls)

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