Leiharbeit

BAG: Rotkreuzschwestern sind Arbeitnehmerinnen

22. Februar 2017
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Quelle: drubig photo_Dollarphotoclub

Wird eine DRK-Schwester in einem von Dritten betriebenen Krankenhaus eingesetzt, liegt Leiharbeit vor. Denn im Sinne der Europäischen Leiharbeitsrichtlinie zählen auch die Rotkreuzschwestern als Arbeitnehmerinnen. Ihr Arbeitsverhältnis ist daher nur wirksam, wenn der Betriebsrat des Entleiherbetriebs zustimmt, so das BAG.

Betriebsrat kann unbefristeter Leiharbeit widersprechen

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der entgeltliche Einsatz einer Rotkreuz-Schwester in einem vom Dritten betriebenen Krankenhaus nach deren Weisung unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fällt. Die Einstellung setzt voraus, dass der Betriebsrat des Krankenhauses zustimmt. Das Gremium kann seine Zustimmung verweigern, wenn der Einsatz unbefristet erfolgt (BAG, 21.02.2017 – 1 ABR 62/12). Denn eine Arbeitnehmerüberlassung kann dem Gesetzeswortlaut nach nur »vorübergehend« erfolgen, bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Die Entscheidung erging, nachdem der Europäische Gerichtshof 2016 auf Anfrage des BAG entschieden hatte, dass auch die Mitglieder der Schwesternschaften des Deutschen Roten Kreuzes Arbeitnehmer im Sinn der Leiharbeitsrichtlinie sein können (EuGH, 17.11.2016 – C-216/15 »Ruhrlandklinik«) Diese Richtlinie liegt auch dem deutschen AÜG zugrunde.  Das BAG hatte bereits 2013 entschieden, dass der Betriebsrat des Einsatzbetriebs der Einstellung eines Leiharbeitnehmers widersprechen kann, wenn der Einsatz nicht nur »vorübergehend« erfolgt (vgl. BAG v. 30.07.2013 - 7 ABR 91/11).

Rotkreuzschwestern sind Vereinsmitglieder

Das BAG hat bisher eine Arbeitnehmerstellung der Rotkreuzschwestern verneint. Die Rotkreuzschwestern sind in eingetragenen Vereinen (e.V.) organisiert. Die DRK-Schwesternschaften sichern ihre Mitglieder arbeits- und sozialrechtlich ab. Bundesweit gibt es 33 DRK-Schwesternschaften mit insgesamt 22.000 Rotkreuzschwestern. Die Rotkreuzschwestern sind sowohl in eigenen Einrichtungen des DRK als auch im Wege der Personalgestellung in anderen Pflegeeinrichtungen tätig. Aufgrund dieser rechtlichen Stellung wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bisher nicht auf die Gestellungsverträge mit den verschiedenen Gesundheitseinrichtungen angewendet. Das hat unter anderem zur Folge, dass die Gestellung von Rotkreuzschwestern im Gegensatz zur Überlassung von Leiharbeitnehmern nicht befristet werden muss. Diese Rechtsauffassung dürfte allerdings nach der Entscheidung des EuGH und der Folgeentscheidung des BAG nicht mehr haltbar sein.

Politik will bisheriges Modell erhalten

Das Bundesarbeitsministerium und das Deutsche Rotes Kreuz (DRK) haben sich bereits im Vorfeld der BAG-Entscheidung auf einen Kompromiss verständigt. Das Ziel besteht darin, den Einsatz von Rotkreuzschwestern in Kliniken und Pflegeeinrichtungen nach dem bisherigen Modell sicherzustellen. Wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mitteilt, haben sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Dr. Rudolf Seiters auf eine Lösung zum Erhalt des bisherigen Modells der DRK-Schwesternschaften verständigt.

Ausnahmeregelung im DRK-Gesetz geplant

Mit einer Ergänzung des DRK-Gesetzes soll geregelt werden, dass für die Gestellung von Mitgliedern einer Schwesternschaft vom Deutschen Roten Kreuz (Rotkreuzschwestern) das AÜG mit der Maßgabe gilt, dass die Regelungen zur Überlassungshöchstdauer nicht anwendbar sind. Damit wäre die unbefristete Gestellung von Mitgliedern einer DRK-Schwesternschaft weiterhin möglich.

Die Bundesarbeitsministerin und der DRK-Präsident erklärten ihre Zufriedenheit mit dem Kompromiss. Beide hielten fest, dass das Deutsche Rote Kreuz und das Bundesarbeitsministerium zur Zulässigkeit von weitergehenden Ausnahmen vom AÜG unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten.

© bund-verlag.de (ck)  
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