Ausbildungsbeihilfe

Keine Förderung für Jurastudium hinter Gittern

02. Oktober 2017
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Quelle: www.pixabay.com/de

Ein Strafgefangener, der ohne Genehmigung der JVA ein Fernstudium aufnimmt und dafür seine Arbeit einstellt, hat keinen Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe. Diese wird nur gewährt, wenn ein arbeitspflichtiger Gefangener für eine Bildungsmaßnahme von der Arbeitspflicht freigestellt und ihm die Teilnahme selbst genehmigt worden ist. Dies teilt der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit.

Gefangener nimmt Studium auf und stellt Arbeit ein

Der im Jahre 1977 geborene Strafgefangene verbüßt derzeit wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine mehrjährige Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum. Im Herbst 2015 nahm er ohne Genehmigung der Justizvollzugsanstalt ein Fernstudium der Rechtswissenschaften auf. Eine ihm zugewiesene Tätigkeit in einem Unternehmensbetrieb der Anstalt stellte der Strafgefangene im Januar 2016 ein, um sich seinem Studium in Vollzeit widmen zu können.

JVA verweigert Ausbildungsbehilfe

Seinen Antrag, ihm eine Ausbildungshilfe für sein Studium zu gewähren, wies die JVA unter Hinweis auf das nicht genehmigte Studium zurück. Der Strafgefagene rief gegen diese Entscheidung die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts (LG) Bochum an. Das LG Bochum verpflichtete die JVA, den Antrag auf Ausbildungsbeihilfe erneut zu prüfen. Dabei vertrat die Kammer die Auffassung, dass ein selbst organisiertes Studium eines Gefangenen - soweit Ordnungs- oder Sicherheitsbelange nicht berührt seien - grundsätzlich genehmigungsfrei und zulässig sei (LG Bochum 20.01.2017 - V StVK 159/16). Gegen diese Entscheidung legte der Leiter der JVA Rechtsbeschwerde ein.

OLG Hamm bestätigt JVA

Diese Rechtsbeschwerde war erfolgreich. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschied, die JVA habe den Antrag des Strafgefangenen auf Ausbildungsbeihilfe zu Recht zurückgewiesen. Für sein in Vollzeit betriebenes Fernstudium stehe dem Gefangenen kein Anspruch auf Ausbildungsbeihilfe zu. Das nordrhein-westfälische Strafvollzugsgesetz gewähre einem in Vollzeit studierenden Strafgefangenen nur dann eine Ausbildungsbeihilfe, wenn er zum Zwecke der Ausbildung von der Arbeitspflicht freigestellt sei.

Ohne Genehmigung hat Arbeitspflicht Vorrang

Die Durchführung der Ausbildung während der üblichen Arbeitszeit müsse dabei seitens der Justizvollzugsanstalt - zumindest schlüssig - genehmigt worden sein. Nach dem nordrhein-westfälischen Strafvollzugsgesetz bestehe für Strafgefangene grundsätzlich eine Arbeitspflicht. Wenn ein Gefangener der ihm zugewiesenen Arbeit nachgehe, habe er einen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Da Arbeit und Ausbildung grundsätzlich gleichgestellt seien, solle derjenige, der anstelle der Arbeit eine Ausbildungsmaßnahme durchlaufe, ebenso entlohnt werden wie derjenige, der arbeite.

Ausbildungsbehilfe soll Schlechterstellung verhindern

Deswegen erhalte er in diesem Fall eine Ausbildungsbeihilfe. Die Ausbildungsbeihilfe solle somit sicherstellen, dass ein Gefangener, der an einer beruflichen oder schulischen Vorbildung teilnehme, nicht schlechter gestellt sei, als ein Gefangener, der ihm zugewiesene Arbeit verrichte. So solle verhindert werden, dass ein Gefangener die Aufnahme einer beruflichen oder schulischen Bildungsmaßnahme allein aus monetären Gründen ablehne.

Zwei Genehmigungen erforderlich

Deswegen erhalte z.B. auch ein Gefangener, der arbeitslos sei und aus eigener Initiative ein Studium aufnehme, keine Ausbildungsbeihilfe. Hieraus folge, dass - bei Bestehen einer Arbeitspflicht - Gefangene zum Zwecke der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme von der Arbeitspflicht freigestellt sein müssten und darüber hinaus ihre Teilnahme an der schulischen oder beruflichen Fortbildungsmaßnahme auch genehmigt sein müsse. Erst dann sei eine Ausbildungsbeihilfe zu zahlen.

Die Voraussetzungen für das Zahlen einer Ausbildungsbeihilfe seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der betroffene Strafgefangene habe das Fernstudium aus eigener Initiative und ohne Genehmigung seitens der Justizvollzugsanstalt aufgenommen. Zudem habe er aus eigener Initiative die Arbeit niedergelegt. Auch wenn er nunmehr von der Justizvollzugsanstalt als unverschuldet arbeitslos geführt werde, stehe ihm keine Ausbildungsbeihilfe zu, weil auch ein arbeitsloser Strafgefangener eine solche nicht erhalten könne. Der Beschluss des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm ist rechtskräftig.

 

Arbeitslohn von Strafgefangenen

Wie die Pressestelle des OLG Hamm mitteilt, erhalten Strafgefangene als Arbeitslohn (sog. Eckvergütung) und als Ausbildungshilfe gemäß § 32 Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen 12,85 Euro pro Arbeitstag gezahlt. Ein arbeitsloser Strafgefangener erhält demgegenüber - im Falle seiner Bedürftigkeit - lediglich ein arbeitstägliches Taschengeld in Höhe von 1,80 € Euro (vgl. § 35 Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen).
© bund-verlag.de (ck)  
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