Eingruppierung

Mesnerin oder Reinigungskraft – das ist hier die Frage

09. Oktober 2015

Wenn berufliche Tätigkeiten als ein zusammenhängender Arbeitsvorgang zu bewerten sind, ist das für die tarifliche Eingruppierung beachtlich. Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg hervor. Konkret ging es um die Abgrenzung der Aufgaben einer Reinigungskraft von denen einer Mesnerin.

In dem Rechtsstreit ging es um die Tätigkeit einer Mesnerin und deren Eingruppierung. In der für die Kirchengemeinde maßgeblichen Dienstordnung von 1974 heißt es unter anderem: »Der Dienst der Mesnerin/des Mesners ist ein Dienst im Auftrag der Kirche. Er besteht in der Unterstützung der liturgischen Dienste bei Gottesdiensten sowie in der Pflege und Sicherung des Kirchengebäudes und seines Inventars. Dieser Dienst verpflichtet die Mesnerin/den Mesner in besonderer Weise zu einer Lebensgestaltung nach dem Glauben der Kirche.«

Die Kirchengemeinde war der Ansicht, dass sie die Klägerin nicht als Mesnerin eingruppieren müsse. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt als Mesnerin im Sinne des BAT bzw. der AVO-DRS (Arbeitsvertragsordnung der Diözese Rottenburg-Stuttgart) tätig geworden. Die Klägerin sei als Reinigungskraft in die Entgeltgruppe X bzw. nach 2-jähriger Beschäftigungsdauer in die Vergütungsgruppe IX b BAT eingruppiert worden.

Anspruch auf Lohn-Nachzahlung?

Die Klägerin argumentierte, dass die in einer Dienstordnung von 2005 aufgeführte Tätigkeitsbeschreibung auf ihre Tätigkeit als Mesnerin zutreffe. Die von ihr durchgeführten Reinigungsarbeiten stünden damit im Zusammenhang – deshalb verlangte sie die Eingruppierung in die entsprechende Entgeltgruppe und die Nachzahlung der Lohndifferenz.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Begründung laut LAG-Urteil: »Mit Blick auf die typischen Merkmale der Vergütungsgruppe VII BAT, die in der Regel gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderten, nehme die Klägerin Tätigkeiten wahr, die typischerweise nicht diese Anforderungen erfüllten. Die einfacheren Dienste seien von der übrigen Tätigkeit der Klägerin im liturgischen Bereich abgrenzbar und selbständig rechtlich bewertbar. Daher komme es für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich darauf an, ob die liturgischen Dienste die gesamte Tätigkeit der Klägerin überwiegend bestimmte.«

LAG urteilt arbeitnehmerfreundlich

Das sah das LAG anders. Maßgeblich für die Eingruppierung sei die seit 01.01.2014 geltende Entgeltordnung zur AVO-DRS. Diese führt spezielle Voraussetzungen auf, die für die Eingruppierung der Mesnerin zu beachten sind. Im vorliegenden Fall war entscheidend, dass Klägerin »jedenfalls seit 01.07.2010 in die Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert« war und »daher mit dem Inkrafttreten der AVO-DRS am 01.11.2010 nach § 4 AVO-DRS-Ü in Verbindung mit der Anlage 2 in die Entgeltgruppe 6 übergeleitet« wurde.

Denn die Klägerin erfüllt aus Sicht der LAG-Richter die Voraussetzungen für die entsprechende Eingruppierung: »Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG 23.09.2009 – 4 AZR 308/) können bei der Bestimmung von Arbeitsvorgängen wiederkehrende gleichartige und gleichwertige Arbeitsleistungen zusammengefasst werden. Die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit kann einen einzigen »großen« Arbeitsvorgang ausmachen. Hierbei ist das Arbeitsergebnis das entscheidende Bestimmungskriterium. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst.«

Im vorliegenden Fall seien die Aufgaben in Zusammenhang mit den Gottesdiensten so eng mit den Hausmeistertätigkeiten (wie Reinigung, Räumdienst, Blumenpflege, Kontrollgänge) und den Reinigungsdiensten verknüpft, dass man eingruppierungsrechtlich von einem Arbeitsvorgang ausgehen muss.

Quelle: 

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.05.2015
Aktenzeichen: 1 Sa 3/15
Rechtsprechungsdatenbank Baden-Württemberg

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