Pflege ist Familiensache

19. Juni 2017
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Quelle: © spuno / Foto Dollar Club

Die Pflegeversicherung soll Familien entlasten. Doch den Hauptteil der Arbeit stemmen Angehörige in Eigenregie. Das zeigt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Fazit: Trotz politischer Initiativen funktioniert der Schulterschluss von Pflege und Arbeitsmarkt noch nicht reibungslos.

Pflege als Vollzeitjob: 63 Stunden je Woche leisten Angehörige in einem Haushalt mit pflegebedürftiger Person im Schnitt. Nur zehn Prozent der Arbeiten übernehmen professionelle Dienste, alles Übrige Angehörige, meist Ehefrauen oder Töchter, und in kleinerem Umfang auch informelle Helfer wie Freunde, Bekannte oder Nachbarn. Allein die „Hauptpflegeperson“ ist im Durchschnitt knapp 50 Stunden pro Woche eingespannt. Dies geht aus der aktuellen Studie vor, bei der bundesweit mehr als 1.000 Haushalte befragt wurden, in denen Pflegebedürftige ab 65 Jahren leben – mit und ohne Einstufung in der Pflegversicherung. Die Untersuchung zeigt nicht nur, wieviel Zeit die Pflege in Anspruch nimmt. Deutlich werden auch Widersprüche in der Sozialpolitik, etwa wie sich soziale Ungleichheit bei der Betreuung hilfebedürftiger Menschen niederschlägt oder dass es bei der Verzahnung von Pflege und Arbeitsmarkt in mehrerer Hinsicht knirscht.

Professionelle Unterstützung ist selten

Gut 70 Prozent der Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt. Meist gibt es eine Hauptpflegeperson, die den Löwenanteil der Betreuung und Versorgung sowie die Organisation schultert. Am häufigsten handelt es sich dabei um Ehefrauen, Töchter oder Schwiegertöchter. Nur ein Drittel der Hauptpflegepersonen ist männlich – jedoch zeigt der Vergleich zu früheren Studien, dass der Anteil pflegender Männer steigt. Mehr als die Hälfte der befragten Haushalte verzichtet vollkommen auf Unterstützung durch Pflegedienste oder andere professionelle Hilfe. In jedem fünften Pflegehaushalt macht die Hauptpflegeperson alles allein. Wie viel das oft ist, unterstreicht eine weitere Zahl: Selbst wenn die Krankenkassen den hilfebedürftigen Älteren keine Pflegestufe zuerkannt haben, fallen im Schnitt vier Stunden Arbeit am Tag für die betreuenden Angehörigen an.

Vollzeit passé

Schwierig ist laut der Studie die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Rund ein Drittel der Pflegenden hat die Arbeitszeit im Job reduziert; 44 Prozent sind gar nicht erwerbstätig. Die Pflegenden riskieren damit, im Alter selber mit wenig Geld dazustehen. Die gesetzliche Pflegezeit nutzten lediglich sechs Prozent der berufstätigen Hauptpflegepersonen.

Neben die zeitlichen Belastungen sind es finanzielle Belastungen, die Probleme bereiten. Etwa für Aufwandsentschädigungen und Fahrtkosten von Helfern, Zuzahlungen für Pflegedienste, Tagespflege, Hilfsmittel und Medikamente, oder den Menüdienst. Im Durchschnitt aller Pflegehaushalte ermitteln die Forscher rund 360 Euro an monatlichen Ausgaben, die nicht durch so genannte Sachleistungen der Pflegeversicherung ersetzt werden. Auch das Pflegegeld, das ein Teil der Pflegebedürftigen erhält, kann diese Kosten nur bedingt kompensieren.

Die vollständige Sudie finden Sie hier.

Quelle:

Pressemitteilung der Hans Böckler Stiftung vom 7. Juni 2017 © bund-verlag.de (mst)
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