Arbeitsschutz

Schluss mit psychischen Gefährdungen im Betrieb

12. Februar 2015

Psychische Belastungen bei der Arbeit nehmen massiv zu. Ein Instrument der Prävention ist die Gefährdungsbeurteilung. Obwohl sie seit 1996 gesetzlich verankert ist, umgehen Arbeitgeber diese Pflicht. Ein Kieler Betriebsrat ergriff die Initiative und hat eine vorbildliche Betriebsvereinbarung verhandelt.

Psychische Belastungen sind an der Tagesordnung

Burnout, Depressionen und psychische Belastungen prägen die Realität in vielen Unternehmen. Doch sie wirksam zu bekämpfen, ist in der Praxis eher selten: Arbeitgeber »fühlen« sich überfordert oder ignorieren die leidige Pflicht: Sanktionen haben sie kaum zu fürchten. Zwar schreibt § 5 ArbSchG bei der Gefährdungsbeurteilung vor, auch psychische Gefährdungen zu ermitteln, zu bewerten und mit geeigneten Maßnahmen abzubauen. Doch wie dies im Detail aussehen soll, ist nicht explizit geregelt. Hier greift das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, weil der Arbeitgeber Gestaltungsspielraum hat. Diese Rechte hat der Betriebsrat des Kieler Schiffsbau-Zulieferers Raytheon Anschütz intensiv genutzt: Er wurde initiativ und hat das Verfahren sowie die Methoden der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen mitbestimmt. Dank zäher Verhandlungen, die sich über sechs Jahre hinzogen, wurde mit dem Arbeitgeber eine vorbildliche Betriebsvereinbarung abgeschlossen.

Details der Betriebsvereinbarung

Die Ermittlung psychischer Belastungen und Gefährdungen beruht maßgeblich auf einer Belegschaftsbefragung und den Ergebnissen aus Workshops mit den Beschäftigten. Letztere sollen selbst Lösungen und Verbesserungen einbringen. Den Fragebogen hat der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber ausgearbeitet. Als Orientierung diente das bekannte START-Verfahren. Die Fragen beziehen sich auf die Arbeitsaufgabe, die Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen und die Arbeitsumgebung. Indikatoren für Gefährdungen sind etwa mangelnde Wertschätzung der Beschäftigten, Anzeichen von Über- oder Unterforderungen, Monotonie, besonderer Arbeitsdruck, enge zeitliche Vorgaben etc. Die Befragung wird alle zwei Jahre wiederholt. Die vollständige Gefährdungsbeurteilung ist als regelmäßig zu wiederholender Prozess betrieblich verankert. Ein paritätisch besetzter Ausschuss bewertet die Ergebnisse und ergreift wirksame Arbeitsschutzmaßnahmen - auch um künftig psychische Belastungen frühzeitig anzugehen.

Lesen Sie zu den Details und zum genauen Vorgehen des Betriebsrats bis zum Abschluss der Betriebsvereinbarung bei: B. Eberhardt »Frischer Wind mit der Gefährdungsbeurteilung« in GA 2/2015, S. 16 .

© bund-verlag.de (fro)

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