Arbeitsschutz

Warum Pausen bei der Arbeit so wichtig sind

20. April 2016
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Quelle: © Picture-Factory / Foto Dollar Club

Weil den Beschäftigten die Arbeit oft über den Kopf wächst, arbeiten viele pausenlos durch. Der Arbeitszeitforscher Prof. Friedhelm Nachreiner erklärt in der Fachzeitschrift »Gute Arbeit« (GA) 3/2016, warum Pausen Gutes tun und wie gefährlich eine psychische Ermüdung ist.


Gesetzlich geregelte Arbeitszeiten und Höchstgrenzen werden immer öfter überschritten. Ausgerechnet die gehetzten Vielarbeiter halten die vorgesehenen Arbeitspausen – auch »Mikropausen« etwa bei der Bildschirmarbeit (zur Entlastung des Rückens und der Augen) – nicht ein. Doch diese Erholzeiten sind für eine gute Regeneration unersetzlich.

Über die Arbeitszeittrends, ermittelt vom DGB-Index-Gute Arbeit 2015, berichtet die Zeitschrift »Gute Arbeit« in ihrer März-Ausgabe: Fast ein Drittel der Beschäftigten kürzt demnach Pausenzeiten oder lässt sie ganz ausfallen, weil die Arbeitsmenge nicht anders zu bewältigen ist.

Pausen als Belastungsschutz

Diese Befragungsergebnisse bewertet Professor Nachreiner aus seiner arbeitswissenschaftlichen Perspektive. Er plädiert für einen guten Arbeitsschutz und das Einhalten der gesetzlichen Arbeitspause (Essen, soziale Kontakte) sowie zusätzlicher Kurzpausen und betont: nicht nur schwer körperlich arbeitende Menschen seien auf diese Auszeiten aus gesundheitlichen Gründen angewiesen: »Ermüdung ist nicht beschränkt auf muskuläre Arbeit, es gibt ja bekanntlich auch psychische Ermüdung. Und dabei gelten vergleichbare Grundsätze: Die psychische Ermüdung ist eine Folge der Intensität, Schwere und der zeitlichen Struktur der psychischen Arbeit.« Wird pausenlos bei hoher mentaler Belastung durchgearbeitet, steige zudem das Risiko für Arbeitsfehler und Arbeitsunfälle  – auch auf dem Nachhauseweg.

Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse

Die arbeitswissenschaftliche Forschung weist nach: Für den menschlichen Organismus ist Erholung nicht »aufschiebbar«. Verlorene Regenerationszeiten führen zu Erschöpfung und Ermüdung. Der Körper verzeiht das (auf Dauer) nicht, es kommt in der Folge häufiger zu Beschwerden, Erkrankungen und Unfällen. Zudem warnt Nachreiner vor den Folgen von Fehlhandlungen durch Übermüdung und verweist auf das Beispiel Software-Programmierung: »Als Folge ununterbrochener Arbeit werden Fehler in Programme eingebaut, die sich erst später herausstellen und z.B. in Anlagen mit hohem Gefährdungspotential zu katastrophalen Folgen führen können.«

Plädoyer pro Arbeitspause

Es sei daher kaum nachvollziehbar, so Nachreiner, wie man heutzutage auf die Idee kommen könne, bei psychischer Belastung seien Pausen irrelevant. Lange, pausenlose Arbeitszeiten seien zudem kaum effektiv und produktiv zu nutzen. Auch das belegten unterschiedliche Forschungsarbeiten. Die Untersuchung der betrieblichen Praxis zeige im Gegenteil, dass eine »neue Offensive« für die Arbeitspause nötig sei. Beschäftigte seien stärker zu sensibilisieren und etwa in den Unterweisungen zu informieren. Betriebs- und Personalräte sollten die »Pausenkultur« in ihren Betrieben beobachten, bei Bedarf initiativ werden und ein passendes Pausenregime in einer Betriebsvereinbarung regeln.

Weitere Informationen

Das Interview mit Professor Friedhelm Nachreiner und Rechtsgrundlagen unterschiedlicher Erholzeiten/Pausen in ganzer Länge lesen in »Gute Arbeit« 3/2016 (S. 16 f).

Außerdem im Archiv der Zeitschrift: Jürgen Reusch, »ver.di-Umfrage ermittelt hohen Arbeitsdruck und erschwerte Pausenzeiten«, in »Gute Arbeit« 8-9/2014, (S. 49 ff).

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