Interview mit dem BAMF-Personalrat

»Wehrt Euch!«

07. April 2016

Der Gesamtpersonalrat des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wehrt sich vor Gericht gegen die Einstellungspraxis seiner Behörde. Diese hatte beharrlich Beteiligungsrechte missachtet. Im Interview gibt der Vorsitzende des Gremiums Tipps, was Personalräte in solchen Fällen tun können.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll 2016 rund 4000 neue Beschäftigte bekommen. Der Gesamtpersonalrat wehrt sich vor Gericht dagegen, dass die Behörde bei Einstellung und Beschäftigung der neuen Kollegen eine Zeit lang Beteiligungsrechte missachtet hat.

Herr Scheinost, warum ist der GPR des BAMF vor das VG Ansbach gezogen?

Im konkreten Fall hat der Dienstherr den Arbeitgeberservice der BA als »Beschleunigungs­Turbo« benutzt und Einstellungen nach deren Vorschlägen vorgenommen. Nach Artikel 33 GG hat aber jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.

Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung haben die Verpflichtung, die Einhaltung dieser Kriterien zu überprüfen. § 69 Abs. 1 und Abs. 2. BPersVG verpflichten den Dienstherrn, die Gremien vor der Personalmaßnahme rechtzeitig zu unterrichten.

Für die Bundesamtsleitung waren diese »Formalien« aber eine »Einstellungsbremse«. Noch vor Einleitung bzw. Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens sind neu gewonnene Beschäftigte mit Arbeitsverträgen ausgestattet und zur Arbeitsleistung herangezogen worden. So schuf man Fakten.

Bei der im Nachgang erfolgten Beteiligung der Interessenvertreter konnten keine nachvollziehbaren Begründungen für die Auswahl vor gelegt werden. Da nicht auszuschließen war, dass diese Praxis beibehalten wird, haben wir beim Verwaltungsgericht Ansbach ein Beschlussverfahren beantragt.

Vor dem Verwaltungsgericht läuft noch ein weiteres Verfahren...

Ja, denn es wurden Überstunden angeordnet und in manchen Liegenschaften Schichtdienst eingeführt – alles ohne Beteiligung des Personalrats. Bis heute haben wir noch keinen Schichtplan zur Mitbestimmung vorgelegt bekommen. Eine Prüfung auf Einhaltung der gängigen Vorschriften konnte von uns daher nicht durchgeführt werden.

Die Medienresonanz auf die rechtlichen Schritte ist groß. Hat sich bereits etwas geändert?

Die Einstellungspraxis wurde auf die Medienberichterstattung hin geändert. Jetzt finden Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren unter Einbindung der Gremien statt. Das führt wegen der großen Flächenpräsenz des Bundesamtes in Einzelfällen noch zu Abstimmungsproblemen.

Was raten Sie Gremien, deren Mitbestimmungsrechte missachtet werden?

Ich rate, frühzeitig dagegen vorzugehen. Toleranz wird weitestgehend als Schwäche oder Unfähigkeit ausgelegt. Wichtig ist, sich die Kostenzusage für die Rechtsbeihilfe vom Dienstherrn zusagen zu lassen und einen fachkundigen Anwalt zu konsultieren. Oft hilft bereits der Antrag auf Kostenübernahme, die Amtsleitung umzustimmen.

Interviewpartner: Rudolf Scheinost (59), gelernter Dipl.-Rechtspfleger (FH) und Verwaltungsbetriebswirt, ist seit Juni 2012 Vorsitzender des GPR beim BAMF.

Das Interview ist abgedruckt in der Zeitschrift »Der Personalrat« 4/2016, S. 6. Die Ausgabe erscheint am 11.4.2016. Online ist sie bereits ab dem 8.4.2016 verfügbar. Dort finden Sie außerdem weitere Infos zum rechtlichen Hintergrund des Interviewthemas und einen Direktlink auf den offenen Brief, den der GPR und der ÖPR Nürnberg des BAMF im November 2015 an die Behördenleitung gesandt haben.

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