Kündigung

Wer nachts pennt, der fliegt

21. August 2015

Legt sich eine Altenpflegerin während des Nachtdienstes schlafen, muss sie mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Ihr Verhalten ist ein »wichtiger Grund«, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, so das LAG Rheinland-Pfalz.

Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland immer wieder von Pflegenotstand die Rede ist, wirkt das missbilligte Verhalten im entschiedenen Fall besonders dreist:

Eine Altenpflegehelferin war seit 16 Jahren bei ihrer Arbeitgeberin beschäftigt und wurde ausschließlich als Nachtwache in einem Seniorenheim in der Zeit von 20 bis 6 Uhr eingesetzt. Die Einrichtung hat 80 Bewohner. Nachts sind zwei Nachtwachen im Dienst.
Als eines Nachts die Pflegedienstleiterin gemeinsam mit der Wohnbereichsleiterin einen Rundgang absolvierte, stellte sie fest, dass die Betten von zwei Bewohnerinnen so platziert waren, dass diese die Notklingel nicht erreichen konnten. Sie fanden die Altenpflegerin in einem von dieser eigens dafür herbeigeschafften Fernsehsessel schlafend in einem Aufenthaltsraum vor. Außerdem hatte die Mitarbeiterin die Bewohnerinnen nicht ordnungsgemäß mit Wasser versorgt.

Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin der Altenpflegerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum Ablauf der Kündigungsfrist. Sie vertrat die Ansicht, dass ihr ein Abwarten und eine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterin bis zum Fristende nicht zumutbar sei. Die Klägerin habe ihre Hauptleistungspflicht, die ordnungsgemäße Durchführung der Nachtwache mit allen dazugehörigen Aufgaben, verletzt. Ihr Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Altenpflegerin sei durch den Vorfall endgültig zerstört.

Vorinstanz hält fristlose Kündigung für ungerechtfertigt

Die entlassene Mitarbeiterin wehrte sich gegen die Entlassung vor dem Arbeitsgerecht Mainz, Außenstelle Bad Kreuznach – und das gab ihr hinsichtlich der fristlosen Kündigung Recht. Begründung: Dass die Klägerin die Betten von Bewohnerinnen des Seniorenheims aus der Reichweite der Notklingel entfernt habe, um in Ruhe schlafen zu können, stelle zwar einen fristlosen Kündigungsgrund dar. Die außerordentliche Kündigung sei jedoch nicht gerechtfertigt, weil die Arbeitgeberin die ertappte Altenpflegerin nicht unverzüglich aus dem Nachtdienst entfernt hatte. Außerdem wäre es möglich gewesen, die zweite Nachtwache für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist zur Kontrolle der Kollegin einzusetzen.

Altenpflegerin verletzt ihre Pflicht aus dem Arbeitsvertrag

Diese Auffassung teilte das LAG Rheinland-Pfalz nicht. Es stellte klar, dass die Mitarbeiterin »ihre arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht als Nachtwache erheblich verletzt hat.« Die Klägerin hat sich vorsätzlich schlafen gelegt, weil sie ihre ungestörte Nachtruhe planvoll vorbereitet hat, heißt es in den Entscheidungsgründen weiter. Das LAG sieht es als besonders schwerwiegend an, dass die Mitarbeiterin die Pflege der heimbewohnerinnen vernachlässigt hat und sogar dafür gesorgt hatte, dass diese ihren Schlaf nicht stören konnten, indem die Notklingel unerreichbar war.

Aufgrund dieses Verhaltens (und auch der Tatsache, dass sie fälschlicherweise die nicht durchgeführte Versorgung dokumentiert hatte) war aus Sicht der Mainzer Richter eine Abmahnung entbehrlich.

Vertrauensbruch ist irreparabel

Zur Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist führt das LAG aus: »Zwar ist zugunsten der Klägerin neben ihrem Lebensalter von 58 Jahren im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs insbesondere ihre langjährige Betriebszugehörigkeit seit dem 19.10.1998 zu berücksichtigen. Gleichwohl kann der Beklagten in Anbetracht von Art und Schwere der Pflichtverletzungen und des hierdurch bewirkten irreparablen Vertrauensverlusts eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.10.2014 nicht zugemutet werden.«

Das LAG macht im Weiteren deutlich, dass ein ungewolltes Einnicken möglicherweise zu dulden gewesen wäre – das planvolle Vorgehen der Altenpflegerin aber nicht hinnehmbar war und die fristlose Kündigung die logische Konsequenz

Quelle:

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.04.2015
Aktenzeichen: 5 Sa 637/14
Landesrechtsprechungsdatenbank Rheinland-Pfalz

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