1 Jahr DSGVO

»Das Datenschutzrecht hat seine Stellung gestärkt«

Gläserne Belegschaften, 8. Auflage 2019
Quelle: Bund-Verlag GmbH

Seit einem Jahr ist die DSGVO, die Datenschutz-Grundverordnung, in Kraft. Mit welchen Schwierigkeiten haben Interessenvertretungen zu kämpfen? Prof. Dr. Wolfgang Däubler zieht Zwischenbilanz. Für die Gremienarbeit empfehlen wir die druckfrische Neuauflage seiner »Gläsernen Belegschaften« und schenken Ihnen eine Leseprobe, die Sie überzeugen wird.

Seit fast einem Jahr ist die DSGVO jetzt in Kraft. Wie bewerten Sie diese Zeit aus datenschutzrechtlicher Sicht?

Wolfgang Däubler:

Das Datenschutzrecht hat seine Stellung gestärkt. Es wird heute auch in den Direktionsetagen ernst genommen. Viele Manager hatten sogar richtig Angst vor hohen Bußgeldern und ließen sich durch zahlreiche Anwälte beraten. Die Aufsichtsbehörden verhielten sich aber vernünftig und haben sich zunächst einmal zurückgehalten.

Welche Fragen wirft das neue Recht in der Praxis auf?

Wolfgang Däubler:

Für zahlreiche Betriebs-und Personalräte stand die Anpassung von Betriebs- und Dienstvereinbarungen an das neue Recht im Vordergrund. Daneben gibt es viele Fragen, die noch nicht richtig ausgelotet sind: Was bedeutet »Datenschutz durch Technik« in der Praxis? Wie kann ein System gut funktionieren, obwohl keine oder nur ganz wenige Daten erhoben und gespeichert werden? Oder: Was bedeutet »Datentransparenz«, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl von Bewerbern einen Algorithmus einsetzen will? Wird Künstliche Intelligenz bald auch in den Personalabteilungen Einzug halten? Die Technik ist dem Recht meist um mehr als eine Nasenlänge voraus.

Mit welchen Schwierigkeiten haben Interessenvertretungen zu kämpfen?

Wolfgang Däubler:

Ein wichtiges Problem war, ob der Betriebs- oder Personalrat selbst »Verantwortlicher im Rechtssinne« ist. Würde man das bejahen, müsste er nicht nur selbst für Datensicherheit und Verfahrensverzeichnisse sorgen; er würde bei Fehlern auch auf Schadensersatz haften und ggf. mit einem Bußgeld belegt. Das kann nicht sein, weil er ja über kein eigenes Vermögen verfügt. Daneben sprechen weitere gute Gründe dafür, dass nur der Arbeitgeber Verantwortlicher ist. Lediglich dort, wo diesem wegen der Unabhängigkeit des Betriebs- oder Personalrats die Hände gebunden sind, muss die Interessenvertretung selbst ran.

Außerdem geht es darum, für Datenschutz auch dort zu sorgen, wo die DSGVO relativ schweigsam ist. Dürfen Arbeitnehmerdaten in der Cloud gespeichert werden, auch wenn ein Zugriff von den USA aus möglich ist? Was geschieht mit Arbeitnehmerdaten im Internet? Wie lassen sich dort Irrtümer berichtigen? Kann sich ein Arbeitnehmer dagegen wehren, dass er in einem Bewertungsportal als »wenig motiviert und wenig sachkundig« bezeichnet wurde? Der Betriebs- oder Personalrat muss sich bei solchen Fragen beraten lassen. Oft hilft auch ein Blick in Bücher über Arbeitnehmerdatenschutz oder Digitalisierung. Allein mit »Bordmitteln« kommt man in der Regel nicht weiter.

Der Interviewpartner

Daeubler_Wolfgang_neuDr. Wolfgang Däubler

Professor für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht, Bürgerliches und Wirtschaftsrecht an der Universität Bremen. Er ist einer der bekanntesten Arbeitsrechtler.

 

 

 

© bund-verlag.de (ls)

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