Arbeitsschutz

7 Fragen zum Arbeiten bei Hitze

Sommer Hitze Thermometer
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Gerd Altmann

Nicht jeder Sommertag bringt Hitzegrade, aber die Frage »Was tun, wenn es heiß wird«, stellt sich für Betriebe und Dienstellen jedes Jahr erneut. Arbeitgeber und Dienstherren sind zu Schutzmaßnahmen verpflichtet, wenn es in Büros stickig wird oder die Arbeit im Freien nicht mehr auszuhalten ist. Beim Arbeitsschutz können Interessenvertretungen mitbestimmen. Hier die wichtigsten 7 Antworten zum Arbeiten bei Hitze!

1. Gibt es in Innenräumen eine Obergrenze für die Raumtemperatur?

Ja. Fakt ist, dass das Arbeiten bei extremer Hitze zu Gesundheitsbelastungen führen kann. Der Arbeitgeber oder Dienstherr muss dafür Sorge tragen, dass das nicht passiert und daher den Arbeitsplatz so einrichten, dass keine Gefährdungen durch Hitze vom Arbeitsplatz ausgehen (§ 3a ArbStättV). Daher hat er auch bei hohen Temperaturen eine Fürsorgepflicht. Er muss für eine »gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur« sorgen. So steht es in Ziff. 3.5. des Anhangs zur neuen Arbeitsstättenverordnung. Was allerdings eine »zuträgliche Raumtemperatur« genau ist, sagt das Gesetz nicht. Allerdings gibt es Vorgaben in der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 »Raumtemperatur«, die in Ziffer 4 die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkretisiert und viele detaillierte Hinweise für die Raumtemperatur in den Arbeitsstätten eines Betriebs enthält.

Danach gilt für Büroräume eine Lufttemperatur im Raum von maximal 26 Grad noch als »zuträglich« (ASR A3.5 Ziffer 4.2. Abs. 3). Übersteigt die Temperatur 26 °C, ist der Arbeitgeber angehalten, Maßnahmen zu ergreifen (ASR A3.5 Ziffer 4.4 Abs. 1).

Bei einer Lufttemperatur über 30 °C muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen ergreifen (ASR A3.5 Ziffer 4.4 Abs. 2).

Übersteigt die Lufttemperatur 35 °C, ist ein Raum (für die Zeit der Überschreitung) nicht mehr als Arbeitsraum zumutbar. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber Maßnahmen wie Hitzeschutzkleidung, Luftduschen, Wasserschleier ergreift (ASR A3.5 Ziffer 4.4 Abs. 3).

2. Welche Maßnahmen sollte der Arbeitgeber ergreifen?

Bei starker Sonneneinstrahlung müssen alle Sonnenschutzsysteme genutzt werden. Außenjalousien müssen vollständig herabgelassen werden, Blendschutzlamellen an den Fenstern sollten zugezogen werden. Häufiges Lüften ist zudem empfehlenswert, sofern das zum Abkühlen führt. Außerdem sollte der Arbeitgeber Ventilatoren am Arbeitsplatz bereitstellen sowie die Mitarbeiter zwingend auf deren Nutzung hinweisen.

Es sind kostenlose Kaltgetränke bereitzustellen; auf die Notwendigkeit erhöhter Flüssigkeitszufuhr ist hinzuweisen. Befinden sich freie Arbeitsplätze in Arbeits- und Pausenräumen mit von der Sonne abgewandter Lage, sind Mitarbeiter – sofern möglich – auf diese zu versetzen. Daneben können den Mitarbeitern weitere Maßnahmen empfohlen werden: z. B. gelegentliches Abkühlen durch Überströmen der Hände/Unterarme mit kaltem Wasser (Waschbecken), Nutzung der Pausen zur Abkühlung und Entspannung.

Damit diese Maßnahmen rechtsverbindlich und auch – im Notfall – rechtlich durchsetzbar sind, sollte der Betriebsrat sie in einer Betriebsvereinbarung, der Personalrat in einer Dienstvereinbarung verankern.

Alles zu den Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats lesen Sie z. B. in:

3. Muss eine Gefährdungsbeurteilung vor Ergreifen der Schutzmaßnahmen erfolgen?

Nein. Häufig behaupten Arbeitgeber, dass Maßnahmen zur Wärmeentlastung das vorherige Durchführen einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG erfordern. Das ist aber nicht der Fall. Denn Gefährdungsbeurteilungen werden langfristig geplant und nur selten bei akuter Hitze vorgenommen. Zudem liegen gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse vor (in Gestalt der ASR A 3.5.), dass Arbeiten bei Hitze gesundheitsschädlich ist und daher Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind. Es geht daher nur darum festzustellen, ob die jeweiligen Temperaturstufen erreicht sind, da hierdurch die jeweiligen Maßnahmen ausgelöst werden können.

  • Praxistipp: Dennoch ist es immer ratsam, auch für diese akuten Hitzefälle eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und alle dann notwendigen Maßnahmen in einer Betriebsvereinbarung zu verankern.

4. Kann ein Verlegen der Arbeitszeit sinnvoll sein?

Ja. Das Verlegen der Arbeitszeit in die frühen und kühleren Morgenstunden kann Abhilfe schaffen. Es kann ratsam sein, die Arbeitszeiten in den sommerlichen Hitzeperioden insgesamt zu verkürzen. So könnte der Betriebsrat vorschlagen, dass bei einer Raumtemperatur über 26 Grad nur noch maximal 6 Stunden gearbeitet wird, bei über 30 Grad nur noch 4 Stunden gearbeitet wird. Bei vollem Lohnausgleich – selbstverständlich. Sinnvoll sind auch stündliche Arbeitspausen. Oder der Arbeitgeber kann vorschlagen, den Großteil der Arbeit ins Homeoffice zu verlagern. Am besten regeln Betriebsräte und Personalräte all diese Fälle in einer Hitze-Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung.

5. Gibt es Hitzevorgaben für Arbeiten im Freien?

Ja. Fakt ist, dass das Arbeiten im Freien eine ganz besondere Belastung bei Hitze darstellt. Neben der Hitze stellen dann auch UV-Strahlen und die Ozonbelastung eine erhebliche Gefahr dar. Und vor allem: auch die besten Schutzmaßnahmen reichen oft nicht aus, um die Gefahren vollständig einzudämmen. Daher muss hier in jedem Fall eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um langfristig Maßnahmen festzulegen.

Bei Arbeiten über 25 Grad im Schatten müssen die Beschäftigten über die Gefahren informiert werden. Der Arbeitgeber muss permanent das Befinden der Beschäftigten überprüfen. Bei extremen Temperaturen sollte auf schwere Arbeiten verzichtet oder diese in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Der Arbeitgeber sollte Kopfbedeckungen, Sonnenbrillen mit UV-Filter und Sonnenschutzcreme zur Verfügung stellen.

Auf Baustellen ist auf ausreichend Beschattung zu achten. Die Arbeitszeiten sind anzupassen, der Arbeitsbeginn kann in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Pausen sind einzurichten.

6. Besteht ein Recht auf Hitzefrei?

Nein. Ein Recht auf Hitzefrei oder gar auf eigenmächtiges Fernbleiben vom Arbeitsplatz besteht jedenfalls nicht automatisch. Auch nicht bei extremen Temperaturn über +35 °C Sollte der Arbeitgeber aber – was hoffentlich selten ist – sich jeglicher Schutzmaßnahmen verweigern und damit das gesundheitsschädliche Arbeiten tatenlos dulden, dann ist zu überlegen, ob ein Arbeiten noch zumutbar ist. Aber Betriebsrat oder Personalrat sollten durch schnelles Handeln und konstruktive Vorschläge den Arbeitgeber/Dienstherrn dazu bringen, Maßnahmen zu ergreifen.

7. Hat der Betriebsrat bei Hitze-Maßnahmen immer ein Mitbestimmungsrecht? Was gilt für den Personalrat? Was für die MAV?

Ja. Wichtigste Norm im Zusammenhang mit Hitze-Maßnahmen ist § 3a AbStättV. Danach muss der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen gegen extreme Hitze ergreifen. Gesundheitsgefahren für die Beschäftigten sind zu vermeiden. Bei der Wahl dieser Maßnahmen hat der Arbeitgeber einen Handlungsrahmen, er kann zwischen verschiedenen Maßnahmen wählen.

Immer dann, wenn dies im Arbeitsschutz der Fall ist, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Und zwar nach enthält § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Da es sich um ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht handelt, kann und sollte der Betriebsrat auch von sich aus inititativ werden und Maßnahmen vorschlagen. Sollte der Arbeitgeber sich verweigern, bleibt nur der Gang zur Einigungsstelle.

Die maßgebende Mitbestimmungsvorschrift für den Personalrat ist § 80 Abs. 1 Nr. 16 BPersVG. Danach hat der Personalrat, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen, mitzubestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Die Mitbestimmung ist nur ausgeschlossen, wenn die angedachte Maßnahme bereits durch eine gesetzliche oder tarifliche Regelung vorgegeben ist. Das ist bei Maßnahmen zum Arbeitsschutz regelmäßig nicht der Fall. Die gesetzlichen Vorgaben enthalten meist nur Rahmenvorschriften. Welche Schutzmaßnahmen dann zum Beispiel gegen Hitze ergriffen werden, ist zusammen mit dem Personalrat zu entscheiden.

Wichtig für Personalräte: Die Mitbestimmung des Personalrats setzt dann ein, wenn die Dienststellenleitung aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes ergreifen will.

Die Mitarbeitervertretungen der Kirchen haben auch ein Mitbestimmungsrecht beim Gesundheitsschutz: § 40 b) MVG im Bereich der evangelischen Kirche und Diakonie und § 36 Abs. 1 Nr. 10 MAVO im Bereich der katholischen Kirche und Caritas.

 

Lesetipps:

  • Weitere praktische Tipps zum Hitzeschutz im Sommer und bei hitzegeneigter Arbeit finden Sie im Beitrag »Schutzmaßnahmen bei Sommerhitze« von Jens Gäbert in Gute Arbeit 4/2021 (ab S. 31).

Weitere Informationen:

  © bund-verlag.de (fro), zuletzt aktualisiert 7.7.2022 (fk)

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