Gefahrstoffe

Arbeitsschutz in der Praxis

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Quelle: Adam-Gregor_Dollarphotoclub

Beim Umgang mit Gefahrstoffen sind das Arbeitsschutzgesetz und die Gefahrstoffverordnung zu beachten, aber auch EU-Verordnungen wie REACH und CLP. Für die Praxis heißt das: Interessenvertretungen müssen wissen, was gilt und wo sie sich schlau machen können. Orientierung bieten in »Gute Arbeit« 7/2019: der Beitrag von Professor Ralf Pieper und das gesamte Titelthema »Gefahrstoffe«.

Das Thema Gefahrstoffe hat höchste Relevanz für den Arbeitsschutz: Die Herstellung, das Vertreiben, Bearbeiten, Anwenden und Entsorgen von Gefahrstoffen ist für Mensch und Umwelt teils mit erheblichen Gefährdungen verbunden. In Deutschland sind von den jährlich ca. 60 000 bis 70 000 Verdachtsanzeigen für Berufskrankheiten mehr als die Hälfte auf Verdachtsfälle von Erkrankungen nach Gefahrstoffexposition zurückzuführen. Im Jahr 2017 gab es 2580 Todesfälle infolge einer Berufskrankheit, die überwiegend auf anorganische Stäube, insbesondere Asbest, zurückzuführen sind.

Rechtsgrundlagen und Arbeitgeberpflichten

In »Gute Arbeit« 7/2019 führt Professor Ralf Pieper aus, dass die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) von 2010 bisher die zentrale Rechtsgrundlage ist: Sie konkretisiert die Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Die Basis für den betrieblichen Arbeitsschutz und den Aufbau einer effektiven Arbeitsschutzorganisation ist auch hier das Arbeitsschutzgesetz. Zudem gelten EU-Verordnungen, die die Registrierung der Gefahrstoffe (REACH) und deren einheitliche Kennzeichnung (CLP) sicherstellen.

Der Arbeitgeber muss bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen eine spezielle Gefährdungsbeurteilung durchführen (§ 6 GefStoffV); dabei – sowie beim Umsetzen wirksamer Schutzmaßnahmen – ist das Technische Regelwerk (TRGS, s. www.baua.de) zu beachten: Die TRGS bieten praktische Orientierung und Handhabe - und gehen explizit auch auf die Bedeutung der Mitbestimmung ein. Die TRGS konkretisieren etwa den Arbeitsschutz praxisnah für bestimmte chemische Verfahren oder beim Umgang mit krebserzeugenden Stoffen.

Mitbestimmung im Umgang mit Gefahrstoffen

Nach Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gilt: Bereits im Planungsstadium ist der Betriebsrat über die Gestaltung von Arbeitsräumen, technischen Anlagen, Arbeitsmitteln, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufen oder Arbeitsplätzen rechtzeitig zu unterrichten (vgl. § 90 Abs. 1 BetrVG). Der Betriebsrat hat Anspruch auf eine Beratung mit dem Arbeitgeber (vgl. § 90 Abs. 2 BetrVG), die so rechtzeitig erfolgen muss, dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigt werden können.

Bei allen Regelungen der GefStoffV, die dem Arbeitgeber einen Entscheidungsspielraum lassen, greift die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bzw. des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG. Darauf verweist auch das Technische Regelwerk zur GefStoffV (TRGS): So sind etwa in der TRGS 400 (Nr. 3.1 Abs. 1 Satz 2 TRGS 400) die Mitbestimmungsrechte bei der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung (nach § 6 GefStoffV) ausdrücklich genannt und zu berücksichtigen.

Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen

In § 6 GefStoffV sind die Bestimmungen zur Gefährdungsbeurteilung festgeschrieben – von der Informationsbeschaffung, über Brand- und Explosionsgefährdungen bis hin zur Dokumentation und der Verpflichtung, ein betriebliches Gefahrstoffverzeichnis anzulegen (vgl. TRGS 400 – Gefährdungsbeurteilung). Wichtig: Vor der Aufnahme von Tätigkeiten der Beschäftigten mit Gefahrstoffen ist die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen! Eckpunkte sind:

  • Festlegung von Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des technischen Regelwerks - TRGS (vgl. TRGS 500 - Schutzmaßnahmen)
  • Ersatz für gefährliche Stoffe: Substitutionsprüfung und Substitutionsgebot (vgl. TRGS 600)
  • Gefährdungsvermeidungs- bzw. –minimierungsgebot
  • Einhaltung einer Rangfolge der Schutzmaßnahmen (STOP-Prinzip: Substituieren, technische, organisatorische, dann erst persönliche Schutzmaßnahmen wie PSA)
  • Anforderungen an das Bereitstellen und Verwenden von PSA (Persönliche Schutzausrüstung etc.
  • Wirksamkeitsüberprüfung von Schutzmaßnahmen.

Weitere Informationen

Das Titelthema in »Gute Arbeit« 7-8/2019: »Gefahrstoffe – Recht und Praxis für den Arbeitsschutz« (S. 8-33) mit sieben Beiträgen und vielen Praxistipps.

  • Prof. Dr. Ralf Pieper (S. 8-13): »Gefahrstoffe: Recht und Präventionsaufgaben«
  • Annika Wörsdörfer (S. 14-16): »Nationale Gefahrstoffpolitik«
  • Dr. Bettina Schröder (S. 17-20): »Asbest: Bewegung oder Stillstand?«
  • Interview mit Gerhard Citrich (S. 21-22): »Jetzt handeln, sonst droht eine neue Asbest-Opferwelle«
  • Dr. Michael Au, Silvia Lucas (S. 23-26): »Kampf dem Krebs am Arbeitsplatz«
  • Dr. Romy Marx (S. 27-29): »Schutz bei krebserzeugenden Metallen«
  • Norbert Kluger (S. 30-33): »Modernes Gefahrstoffmanagement«

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