Betriebsratssitzung

Betriebsrat hat Recht auf Tablets für Videokonferenz

01. Juni 2021
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Quelle: © funkyfrogstock / Foto Dollar Club

Der Betriebsrat hat in Pandemiezeiten das Recht, per Videokonferenz seine Sitzungen abzuhalten. Dafür muss ihm der Arbeitgeber die technische Ausrüstung bereitstellen, wie ein Beschluss des Hessischen LAG zeigt.

Das war der Fall

Der Betriebsrat einer Filiale eines bundesweit agierenden Textileinzelhandelsunternehmens verlangte vom Arbeitgeber drei Tablets oder Notebooks für die Mitglieder des Gremiums, um Betriebsratssitzungen per Video-Webkonferenz durchzuführen. Die Betriebsratsmitglieder arbeiten als Verkäufer:innen in der Filiale und können sich für Betriebsratsarbeiten abmelden, die sie in einem Betriebsratsbüro erledigen. Arbeiten im Homeoffice ist im Betrieb nicht möglich, da es sich um den Bereich Verkauf handelt. Der Arbeitgeber vertritt daher die Auffassung, dass eine Anschaffung und Bereitstellung von Tablets nicht erforderlich sei, da die Betriebsratsarbeit ausschließlich vor Ort geleistet werde.

Das sagt das Gericht

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen die Entscheidung des ArbG Wiesbaden ist begründet, so das Hessische LAG. Die angestrebte Befriedungsverfügung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes soll gewährleisten, dass der Betriebsrat die im Rahmen des bis Ende Juni 2021 befristeten § 129 BetrVG vorgesehenen Videokonferenzen abhalten könne. Dafür bedarf es der technischen Mittel. Eine Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens ist nicht ersichtlich, so das LAG, da der Arbeitgeber nicht verpflichtet werden soll, entsprechende Geräte zu kaufen. Eine Anmietung ist ebenso möglich.

Es gibt keinen falschen Zeitpunkt

Dass der Betriebsrat bisher von der Möglichkeit, per Videokonferenz zu tagen, abgesehen hatte, spielt keine Rolle: Entscheidend ist der Wunsch, von nun an diese gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zu nutzen.

Der Antrag des Betriebsrats ist auch hinreichend bestimmt. Es kann dem Arbeitgeber überlassen bleiben, welches Gerät konkret angeschafft wird. Es genügt, wenn der Betriebsrat das Gerät allgemein umschreibt, um § 40 Abs. 2 BetrVG zu erfüllen. Mit den Angaben »handelsüblich« und »dem gegenwärtigen technischen Standard entsprechend« hat der Betriebsrat sein Anliegen hinreichend konkret ausgeführt.

Entgegen der Auffassung des ArbG Wiesbaden kommt es nicht darauf an, dass die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung kein Klagerecht von Beschäftigten vorsieht. Denn der Betriebsrat macht seine Rechte aus § 40 Abs. 2 BetrVG geltend, indem er Sachmittel einfordert. Der Betriebsrat muss im Rahmen der Prüfung, ob die technischen Mittel erforderlich sind, beachten, dass nicht nur seine subjektive Wahrnehmung, sondern die objektiv zu betrachtende Situation im Betrieb entscheidend ist. Dies zu Grunde gelegt, durfte der Betriebsrat der Tablets verlangen, um Betriebsratssitzungen nach § 129 BetrVG als Videokonferenz durchführen zu können. Dem Betriebsrat gehe es erkennbar darum, das Ansteckungsrisiko zu minimieren, weshalb sich das Gremium vorbildlich verhalte. Die dem Arbeitgeber entstehenden Kosten wertet das Hessische LAG als zumutbar.

Das muss der Betriebsrat wissen

Das Hessische LAG setzt sich nicht nur mit der Frage der Erforderlichkeit technischer Mittel für den Betriebsrat auseinander, sondern nimmt auch eine Einordnung des § 129 BetrVG vor: Die Norm sei eine Sonderregelung, die aufgrund der Pandemie-Bedingungen befristet erlassen wurde. Das Argument des Arbeitgebers, dass der Betriebsrat seine Aufgaben am Arbeitsort erfüllen müsse, lässt das LAG in Pandemiezeiten nicht gelten – denn sonst wäre der Regelungszweck des 129 BetrVG hinfällig, der aufgrund der Möglichkeit der Videokonferenz die Betriebsratsarbeit gewährleisten möchte.

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

Hessisches LAG (21.05.2021)
Aktenzeichen 16 TaBVGa 79/21
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