Arbeitsschutz

Der leidensgerechte Arbeitsplatz

03. Mai 2022
Arbeitsplatz

Immer mehr Beschäftigte können aufgrund von Krankheit, Behinderung oder Unfällen ihren Job nicht mehr oder nicht mehr wie früher ausüben. Hilfe verspricht der »leidensgerechte Arbeitsplatz«. Wer hat Anspruch darauf und wie muss dieser aussehen? Die wichtigsten Grundsätze lest Ihr in der aktuellen Mai-Ausgabe von »Arbeitsschutz und Mitbestimmung«.

1. Wer hat Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz?

Wer aus Gesundheitsgründen oder in Folge eines Unfalls seiner regulären Arbeit nicht wie vorher nachkommen kann, hat Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz.

Für schwerbehinderte Menschen (deren Beeinträchtigung als Schwerbehinderung anerkannt ist) und diesen gleichgestellte Menschen ergibt sich der Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung aus dem Schwerbehindertenrecht. Sie haben nach § 164 Abs. 4 SGB IX ausdrücklich Anspruch auf Anpassung der Arbeitsbedingungen.

Die Grundsätze zum leidensgerechten Arbeitsplatz gelten nach der Rechtsprechung aber auch für alle anderen, nicht schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten, wenn sie aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung die bisherige Tätigkeit nicht weiter ausüben können. Für sie wird der Anspruch aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB hergeleitet.

2. Wer muss beweisen, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist?

Der oder die Beschäftigte. Er oder sie muss zunächst die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz vom Arbeitgeber verlangen und darlegen, wie die weitere Beschäftigung aussehen soll. Dafür müssen sie auch darlegen, welche konkreten anderen Arbeitsplätze es gibt, auf denen sie leidensgerecht weiterbeschäftigt werden können.

Das kann der Arbeitgeber nur ablehnen, wenn ihm die Umsetzung unzumutbar oder rechtlich unmöglich ist. Dann muss er aber wiederum nachweisen, warum die vom Betroffenen aufgezeigten Beschäftigungsmöglichkeiten nicht bestehen oder deren Zuweisung ihm als Arbeitgeber nicht zumutbar sind.

Ansonsten muss der Arbeitgeber – im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrags – den Arbeitsplatz anpassen oder sogar alternative Tätigkeiten anbieten, die der gesundheitlichen Situation Rechnung tragen. Die angebotenen Tätigkeiten müssen der bisherigen in etwa gleichwertig sein. Der Arbeitgeber muss für die Umsetzung auch gewisse Umorganisationen im Betrieb in Kauf nehmen. Einen völlig neuen Arbeitsplatz braucht er allerdings nicht zu schaffen. Vielfach wird gefordert, dass der Arbeitgeber auch eine echte Versetzung für den gesundheitlich angeschlagenen Beschäftigten anbieten muss, wenn dieser damit einverstanden ist. Das ist allerdings bisher nicht gängige Rechtsprechung.

Eine sogar noch verschärfte Beweislast für den Arbeitgeber besteht, wenn er kein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre (siehe Frage 3). Der Arbeitgeber muss in dem Fall von vornherein umfassend darlegen, weshalb keine zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.

3. Wie lässt sich herausfinden, ob es einen leidensgerechten Arbeitsplatz gibt?

Hier kann das gesetzlich vorgeschriebene BEM hilfreich sein. Dieses ist vom Arbeitgeber durchzuführen, wenn ein Mitarbeiter mehr als sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig krank war. Im BEM muss jede ernsthaft in Betracht kommende Einsatzmöglichkeit überprüft werden. Ziel des BEM ist es ja gerade, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und daher mit dem Beschäftigten und Betriebs- oder Personalrat mögliche Einsatzmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder zu finden, die dem – eventuell begrenzten – Leistungsvermögen des Beschäftigten entsprechen, ohne ihn gesundheitlich zu überfordern.

4. Was ist, wenn der Arbeitgeber keinen leidensgerechten Arbeitsplatz anbietet?

5. Ist statt Umsetzung eine Kündigung zulässig?

6. Was ist die Rolle des Betriebs- oder Personalrats?

7. Was können Beschäftigte tun, wenn der Arbeitgeber sie nicht leidensgerecht beschäftigt, obwohl er es könnte?

 

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