Betriebsratsarbeit

Grundwissen zur Betriebsversammlung

Betriebsversammlung
Quelle: Bund-Verlag GmbH

Einmal pro Quartal muss der Betriebsrat eine Betriebsversammlung einberufen. Was Sie dazu wissen müssen und wo der Unterschied zur Mitarbeiterversammlung liegt, lesen Sie in unserem neuen Ratgeber aus der Reihe »Auf den Punkt«. Und für alle, die ihr Wissen testen möchten, empfehlen wir unser Online-Quiz zur Betriebsversammlung.

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Sinn und Zweck der Betriebsversammlung

Die Betriebsversammlung soll die Kommunikation zwischen dem Betriebsrat und der Belegschaft fördern. Sie ist ein Ort an dem sich Arbeitnehmer und Betriebsrat gegenseitig informieren können. Der Betriebsrat hält seinen Tätigkeitsbericht und die Belegschaft kann ihre Wünsche und Kritiken äußern, Anträge an den Betriebsrat stellen und zu seinen Beschlüssen Stellung nehmen. Sie ist nicht das einzige Instrument, Betriebsöffentlichkeit zu schaffen, aber ein zentrales und wichtiges Instrument. Gerade in Zeiten, in denen die Arbeitsverdichtung zunimmt, in bestimmten Bereichen Homeoffice-Arbeitsplätze zum Standard werden, bietet die Betriebsversammlung ein Forum sich persönlich ohne Minderung des Arbeitsentgelts und ohne Zeitdruck zu treffen und auszusprechen.

Betriebsversammlung spannend gestalten

Auf der Betriebsversammlung wird jedem Beschäftigten klar, dass er kein Einzelkämpfer im Betrieb ist, sondern auch andere Beschäftigte gleiche oder ähnliche Probleme haben. Hier können Diskussionsprozesse angestoßen und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Dazu ist es notwendig, dass die Betriebsversammlung nicht eintönig nach dem bekannten Muster abläuft:

  • Begrüßung durch den Betriebsratsvorsitzenden
  • Tätigkeitsbericht des Betriebsrats
  • Bericht des Arbeitgebers
  • Rede des Gewerkschaftsvertreters
  • Verschiedenes
  • Schlusswort des Betriebsratsvorsitzenden

Sieht die Einladung und Tagesordnung wie oben beschrieben aus, wird die Beteiligung an der Betriebsversammlung niedrig bleiben. Der Betriebsrat sollte versuchen neue Wege zu beschreiten, die Versammlungen interessanter und spannender zu gestalten. Das wird sicherlich nicht beim ersten Anlauf perfekt gelingen, aber Schritt für Schritt wird sich die Qualität der Betriebsversammlung steigern. 

Abgrenzung zur Mitarbeiterversammlung

Die Betriebsversammlung ist nicht zu verwechseln mit Mitarbeiterversammlungen.

  • Begriffserklärung: Mitarbeiterversammlungen sind Veranstaltungen des Arbeitgebers und werden von ihm einberufen. Sie können nicht die gesetzlich zwingend vorgesehenen Betriebsversammlungen ersetzen. Denn sie sind kein Forum des Betriebsrats.

Nach dem während der Weimarer Republik gültigen Betriebsrätegesetzes war es dem Arbeitgeber nicht erlaubt Konkurrenzveranstaltungen durchzuführen. Er durfte auf seinen Versammlungen keine Themen behandeln, die zu dem Geschäftskreis der Betriebsversammlungen zählen. So sah es jedenfalls das Reichsarbeitsgericht. Das Bundesarbeitsgericht folgt dieser Rechtsprechung nicht. Der Arbeitgeber kann zu allen Themen Mitarbeiterversammlungen durchführen. Auch zu solchen Themen, die Gegenstand der Betriebsversammlung sind (siehe § 45 BetrVG). Der Arbeitgeber darf aber keine Gegenveranstaltung zu einer Betriebsversammlung durchführen und dadurch die Durchführung der Betriebsversammlung stören oder gar behindern.

  • Beispiel: Das wäre der Fall, wenn der Arbeitgeber in zeitlicher Nähe oder gar gleichzeitig zu der anberaumten Betriebsversammlung eine eigene Mitarbeiterveranstaltung durchführt. Dadurch würde er der Betriebsversammlung den Boden entziehen. Man stelle sich einmal vor, der Arbeitgeber beruft am Tag vor der Betriebsversammlung eine Mitarbeiterversammlung zu exakt den gleichen Themen ein. Da es eine Mitarbeiterversammlung ist, besteht Anwesenheitspflicht für alle. Man kann sich nicht vorstellen, dass die Betriebsversammlung am nächsten Tag gut besucht werden würde. Die große Bedeutung der Betriebsversammlung lässt sich daran ablesen, dass der Gesetzgeber bestimmt hat, in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung abzuhalten:

Gesetz: § 43 Abs. 1 BetrVG

»Der Betriebsrat hat in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und in ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten.«

Die Mindestanzahl der Betriebsversammlungen pro Kalenderjahr steht nicht im Belieben des Betriebsrats. Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung.

Verletzung der Amtspflicht

Befolgt der Betriebsrat diese Vorschrift nicht, ist dies eine Verletzung seiner Amtspflichten. Diese Verletzung der Amtspflichten rechtfertigt in der Regel ein Verfahren auf Amtsenthebung (§ 23 BetrVG). Viele Betriebsräte folgen dieser gesetzlichen Vorgabe nicht. Dennoch werden solche Verfahren selten geführt. Arbeitgeber begrüßen es in der Regel, wenn der Betriebsrat die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl der Betriebsversammlungen nicht durchführt. Das spart dem Arbeitgeber Geld und Arbeitszeit. Und schützt ihn vor möglicher Unruhe im Betrieb.

Der Verzicht auf Betriebsversammlungen ist aber aus Sicht des Betriebsrats und der Belegschaft gleichzeitig ein Verzicht auf innerbetriebliche Demokratie. Die Beschäftigten sind über die Betriebsratsarbeit schlechter oder gar nicht informiert. Damit haben sie weniger Möglichkeiten, auf die Betriebsratsarbeit Einfluss zu nehmen. Das schwächt auch die Durchsetzungskraft des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber. Denn eine nicht informierte Belegschaft wird nicht hinter dem Betriebsrat stehen, wenn es gilt, den Interessen der Kollegen Gehör zu verschaffen und diese möglichst durchzusetzen.

Teilversammlung oder Vollversammlung

Betriebsversammlungen können als Teilversammlungen durchgeführt werden, wenn »wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt nicht stattfinden« kann (§ 42 Abs. 1 BetrVG).

  • Begriffserklärung: Bei einer Teilversammlung veranstaltet der Betriebsrat die Betriebsversammlung mehrmals hintereinander jeweils für einen Teil der Beschäftigten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann man erkennen, dass die Vollversammlung der gesamten Belegschaft der Regelfall sein soll. Teilversammlungen sind die Ausnahme. Auf der Vollversammlung ist eine bessere Kommunikation gewährleistet.10 Denn jeder Beschäftigte hat die Möglichkeit die Meinung des Betriebsrats und anderer Beschäftigten im Originalwortlaut zu hören. Es besteht die Möglichkeit, dass alle mit allen reden und diskutieren. Und es findet nicht nur ein Austausch unter einem eingegrenzten Kollegenkreis statt. Es stellt sich also die Frage, wann solche Teilversammlungen sinnvoll sind.

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Welche Gründe es für eine Teilversammlung geben kann und wann eine Abteilungsversammlung oder eine außerordentliche Betriebsversammlung in Frage kommen, lesen Sie bei Steiner/Mittländer/Fischer: Betriebsversammlung, Grundwissen für neue Betriebsratsmitglieder.

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