Sonntagsarbeit

Kein Sonntagsbetrieb im Online-Möbelhaus

15. Mai 2023 Arbeitszeit, Arbeitsschutz
geschlossen closed Feierabend Wochenende Geschäft Schild
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Benedikt Geyer

Ein Möbelvertrieb, der seine Produkte ausschließlich im Internet anbietet, darf seine Arbeitnehmer im Kundenservice in Deutschland an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigen - so das Verwaltungsgericht Berlin. Automatisierte Bestellvorgänge werden dadurch nicht berührt.

Darum geht es

Die Klägerin vertreibt Möbel und Einrichtungsgegenstände im Internet. In Deutschland beschäftigt sie 1.635 Arbeitnehmer, wovon 215 im Kundenservice tätig sind, davon wiederum sieben im Bundesland Sachsen. Der Kundenservice an Sonn- und Feiertagen wird gegenwärtig vor allem durch deutschsprachige Beschäftigte in Callcentern in Polen und in Irland erbracht.

Der Antrag der Klägerin, ihr ausnahmsweise Sonn- und Feiertagsarbeit für bis zu 14 Beschäftigte im Kundenservice im Homeoffice in Sachsen zu bewilligen, lehnte das hierfür zuständige Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit ab. Zur Begründung hieß es, die Klägerin nutze die gesetzlich zulässigen Betriebszeiten nicht weitgehend aus. Das sei aber Voraussetzung für die Ausnahmebewilligung.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie meint, der Begriff der weitgehenden Ausnutzung der Betriebszeiten müsse im Dienstleistungsbereich, insbesondere im Online-Handel, so verstanden werden, dass nur die betriebswirtschaftlich sinnvollen Zeiten – in ihrem Fall 90 Stunden pro Woche – angesetzt würden.

Diese würde sie weitgehend ausnutzen. Es sei nicht sinnvoll, telefonischen Kundenservice nachts anzubieten, weil es dafür keine Nachfrage gebe. Ihre Kunden seien es gewohnt, den Kundenservice auch sonntags zu erreichen. Sei dies nicht mehr der Fall, würden die Kunden zu Konkurrenten abwandern. Damit sei auch ihre Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigt.

Das sagt das Gericht

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne die begehrte Ausnahmebewilligung nicht verlangen. Zwar erlaube das Arbeitszeitgesetz ausnahmsweise Sonn- und Feiertagsbeschäftigungen, wenn

  • bei einer weitgehenden Ausnutzung der gesetzlich zulässigen wöchentlichen Betriebszeiten und
  • bei längeren Betriebszeiten im Ausland die Konkurrenzfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt sei
  • und die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung sichern könne.

Im Falle der Klägerin fehle es aber bereits an einer weitgehenden Ausnutzung der zulässigen Betriebszeit, die grundsätzlich 144 Stunden betrage. Dies sei bei der wöchentlichen Betriebszeit der Klägerin von 90 Stunden, was nur etwa 63% entspreche, nicht der Fall.

Insoweit sei der Wortlaut des Arbeitszeitgesetzes eindeutig, und ein solches Verständnis stehe auch im Einklang mit dessen Sinn und Zweck sowie der Systematik. Die Bestimmung des Arbeitszeitgesetzes sei Ausprägung des verfassungsrechtlich verankerten Schutzes der Sonn- und Feiertagsruhe (Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG).

Ausnahmen hiervon seien nur in besonderen Fällen gestattet. Im Übrigen sei es der Klägerin ohne Weiteres zumutbar, telefonische Auskünfte nur an Werktagen zu erteilen, zumal ihre Kunden Käufe durchgehend tätigen könnten. Auf die Frage der Beeinträchtigung ihrer Konkurrenzfähigkeit komme es daher nicht an.

Gegen das Urteil ist der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

VG Berlin (27.04.2023)
Aktenzeichen VG 4 K 311/22
VG Berlin, Pressemitteilung vom 9.5.2023
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