Gesundheitsschutz

Keine Mitbestimmung bei Mitarbeiterbefragung

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Quelle: © VRD / Foto Dollar Club

Für eine konzernweite Mitarbeiterbefragung ist der Konzernbetriebsrat zuständig. Nicht der örtliche Betriebsrat. Doch auch der Konzernbetriebsrat darf nur dann ein Wörtchen mitreden, wenn die Umfrage konkrete Arbeitsbedingungen abruft. Ist sie anonym und freiwillig, dann entfällt jegliche Mitbestimmung – so die problematische Entscheidung des BAG.

Mitarbeiterbefragungen erfüllen vielfältige Ziele. Sie dienen vor allem aber dazu, die Wünsche der Belegschaft und deren Zufriedenheit zu erfragen. Als Instrument im Gesundheitsschutz innerhalb einer Gefährdungsbeurteilung sind Befragungen unerlässlich. Doch dann muss in der Regel auch der Betriebsrat ein Wörtchen mitreden, denn nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat er umfassende Mitbestimmungsrechte im Arbeitsschutz. Im konkreten Fall sah das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Sache aber anders.

Das war der Fall

Eine große Universitätsklinik – hier die Konzernmuttergesellschaft – organisierte zum wiederholten Mal eine konzernweite Mitarbeiterbefragung mittels standardisierter anonymer Fragebögen, die über einen externen Dienstleister an alle Mitarbeiter der Tochtergesellschaften verteilt werden sollte. Die Fragen hatten teilweise Bezug zum Gesundheitsschutz, abgefragt wurden beispielsweise Details zur Arbeitsbelastung, Überstunden, Verhältnis zu Vorgesetzten etc. Das Ergebnis der Befragung sollte aber vor allem über die allgemeine Zufriedenheit der Mitarbeiter im Konzern Aufschluss geben.

Einer der örtlichen Betriebsräte – einer Tochtergesellschaft – forderte seine Beteiligungsrechte ein. In den ersten Instanzen bekam er Recht, die Befragungsaktion wurde zunächst gestoppt. Doch das BAG sah das anders.

BAG verneint lokale Zuständigkeit des Betriebsrats

Das BAG schmetterte die Klage letztlich aus zweierlei Gründen ab: Wird die Befragung – wie hier – durch die Konzernmutter durchgeführt und verbleiben den Tochtergesellschaften keinerlei Spielräume bei der Ausgestaltung, so kann wenn überhaupt einzig und allein der Konzernbetriebsrat Mitbestimmungsrechte geltend machen, sollte es sich um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit handeln.

Denn nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes setzt die Mitbestimmung stets auf der Ebene ein, auf der die Entscheidungskompetenz in der betreffenden Angelegenheit liegt. Das ist im Streitfall die Konzernleitung. Der lokale Betriebsrat hat – so das BAG – keine Mitbestimmungsrechte.

BAG verneint auch Mitbestimmung

Allerdings verneint das BAG hier auch allgemein die Mitbestimmung. Denn: es sah die Befragung objektiv nicht als eine Gefährdungsbeurteilung oder Maßnahme des Arbeitsschutzes an. Dabei stellte das BAG vor allem darauf ab, dass die Mitarbeiterbefragung wegen der Freiwilligkeit der Teilnahme und ihrer Anonymität, vor allem aber wegen ihres Konzernbezugs keine ortsgebundenen arbeitsplatz- bzw. tätigkeitsbezogenen Schlüsse über Arbeitsbedingungen im Betrieb des Herzzentrums zulasse. Daher könnte die Befragung auch nicht Basis einer echten Gefährdungsbeurteilung sein. Eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (in Verbindung mit § 5 ArbSchG) sei damit hier nicht gegeben.

Ebenso handelt es sich bei dem verwendeten Standardfragebogen um keinen Personalfragebogen. Die Beteiligung des Betriebsrats bei solchen Maßnahmen dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts scheidet aber im konkreten Fall aus, da die Teilnahme freiwillig ist und der Arbeitnehmer somit den Umfang seiner Auskünfte selbst bestimmen kann.

© bund-verlag.de (fro)

 

Quelle

BAG (21.11.2017)
Aktenzeichen 1 ABR 47/16

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