Betriebskantine

Mitbestimmung bis zur Terrassentür

11. Januar 2019
Stuhl Stühle Tisch Tische Terrasse Cafe Restaurant
Quelle: www.pixabay.com/de

Eine betriebliche Kantine ist eine Sozialeinrichtung im Sinne des BetrVG. Der Betriebsrat kann bei Öffnungszeiten, Preisen und Speisenangebot mitbestimmen. Ob dies auch das Öffnen und Schließen einer Terrassentür zur Kantine umfasst, hängt vom Einzelfall ab. Von Margit Körlings.

Ein Theater in Düsseldorf betreibt in seinem Erdgeschoss eine Kantine, die nur den Beschäftigten, nicht aber dem Publikumsverkehr offensteht. Von der Kantine führt eine Tür zu einer großen Terrasse. Seit mehreren Jahren werden dort von April bis Oktober Tische und Stühle aufgestellt. Vom angrenzenden Stadtpark war die Terrasse für jedermann zugänglich.

Im November 2017 gelangten mehrere Personen vom Stadtpark über die Terrasse in die Kantine und sonstige Räume des Theaters. Der Betriebsrat forderte den Arbeitgeber auf, dafür Sorge zu tragen, dass solche Vorfälle unterbleiben. Die Terrassentür wurde auf Veranlassung des Arbeitgebers abgeschlossen. Dem widersprach der Betriebsrat und berief sich auf sein Mitbestimmungsrecht.

Der Betriebsrat verlangte, der Arbeitgeberin aufzugeben, das Abschließen der Terrassentür zur Kantine ohne seine Zustimmung generell zu unterlassen. Das LAG Düsseldorf wies den Antrag zurück.

Kantine als Sozialeinrichtung im Sinne des BetrVG

Sozialeinrichtungen des Arbeitgebers unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrates (§ 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG). Unter Sozialeinrichtungen versteht man Leistungen nach allgemeinen Richtlinien, die auf Dauer angelegt sind und auf einen Wirkungsbereich beschränkt sind. Sie müssen vom Arbeitgeber für die Arbeitnehmer des Betriebes, des Unternehmens oder des Konzerns errichtet sein. Sie dürfen nicht einem unbestimmten Nutzerkreis zur Verfügung stehen. Unschädlich ist es aber, wenn Außenstehende die Einrichtung als Gäste nutzen dürfen.

Kantinen zählen ebenso wie Pensions- und Unterstützungskassen oder Pensionsfonds, Kindertageseinrichtungen und Werksverkehr mit Bussen zu den Sozialeinrichtungen. Nicht dazu zählen Werkszeitungen, sie sind Sprachrohr des Arbeitgebers, Betriebskrankenkassen als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung, Direktversicherungen und der Werksverkauf.

Öffnungszeiten der Kantine sind mitbestimmungspflichtig

Da die Kantine eine Sozialeinrichtung ist, gehört die Terrasse als Teil dazu. Die Öffnungszeiten sind Teil des Mitbestimmungsrechtes. Im vorliegenden Fall hatten sich die Parteien darauf geeinigt, das die Tür 1,5 Stunden nach Vorstellungsende bis 9.00 Uhr morgens, also nachts, abgeschlossen ist.

Unterlassungsantrag war zu weitgehend

Der Betriebsrat hatte einen so genannten Globalantrag auf Unterlassung gestellt. Er wollte, dass der Arbeitgeber die Terrassentür nur mit seiner Zustimmung abschließen lässt. Nachdem sich die Parteien bereits geeinigt hatten, hätte der Betriebsrat seinen Antrag einschränken müssen. Es konnte nur noch um die mitbestimmungswidrige Einschränkung der bisherigen Öffnungszeit der Terrassentür gehen. Diese war im Winter anders als im Sommer und hing auch von der Wetterlage ab. Nur darauf hätte der Unterlassungsanspruch (noch) gerichtet werden dürfen. Worauf der Antrag sich richtet, ließ sich aus Sicht des Gerichtes nicht mit hinreichender Klarheit abgrenzen.

Das Gericht hat in der Verhandlung einen entsprechenden Hinweis erteilt und einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der die Öffnungszeiten der Terrasse außerhalb der vereinbarten Schließzeiten vorsah. Da der Vergleich nicht zustande kam, musste das LAG Düsseldorf  den Antrag des Betriebsrates zurückweisen.

Hinweise für die Praxis

1. Anträge sorgfältig formulieren

Das A und O im Beschlussverfahren stellt die Antragstellung dar. Hier ist größte Sorgfalt geboten.  Es besteht ansonsten die Gefahr, ein Recht allein aufgrund eines unklar formulierten Antrages zu verlieren.

2. Mitbestimmungsrechte rund um die Kantine

Bei dem Speisenangebot hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Dies gilt für die Anzahl der Gerichte, also z. B. für das Angebot an Fleisch/Fisch/Geflügel, vegetarische Gericht oder Salate, ebenso wie für das Getränkeangebot. Der Betriebsrat kann so für ein »gesundes Essen« sorgen. Ein Mitwirken am täglichen Speiseplan steht ihm aber nicht zu.

Das Mitbestimmungsrecht gilt auch für die Preisgestaltung. Dies insbesondere, wenn der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Essen gibt.

Auch beim Betreiber oder Betreiberwechsel ist der Betriebsrat zu beteiligen. Es handelt sich um eine Form bzw. Änderung der Form der Sozialeinrichtung (ArbG Köln 25.3.1998 - 7 BV 232/96).

Der Betriebsrat kann den Arbeitgeber allerdings nicht zwingen, dass Sozialeinrichtungen eingeführt werden, also auch nicht eine Kantine.

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Düsseldorf (12.12.2018)
Aktenzeichen 12 TaBV 37/18
Diese Entscheidungsbesprechung erhalten Sie als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 16.1.2019.
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