Unfallversicherung

Schlägerei unterbricht den Arbeitsweg

22. März 2023
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Quelle: © VRD / Foto Dollar Club

Beginnt ein Arbeitnehmer während einer Betriebsfahrt eine gewaltsame Auseinandersetzung mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, weil dieser sich beleidigend verhält, stellen die daraus resultierenden Verletzungen keinen Arbeitsunfall dar.

Darum geht es

Der 1978 geborene Kläger war als Bauleiter tätig. Im Februar 2020 kehrte er von einem beruflichen Termin zurück und sah die Einfahrt zu seinem Betrieb durch einen Lkw zugeparkt. Der Fahrer fuhr trotz mehrfacher Aufforderung nicht beiseite. Der Kläger musste daraufhin sein Auto stehen lassen und das Betriebsgelände zu Fuß betreten.

Als er kurze Zeit später wieder zu seinem Wagen zurückkam, um einen neuen betrieblichen Termin wahrzunehmen, kam es zu einem Wortwechsel, bei dem der Lkw-Fahrer den Kläger als „egoistisches Arschloch“ beschimpfte. Der Kläger, der im Begriff gewesen war in sein Auto zu steigen, schlug die Wagentür wieder zu und ging zu dem Fahrer, um »die Sache auszudiskutieren«. Im Verlauf des Streitgesprächs schlug der Lkw-Fahrer dem Kläger ins Gesicht.

Der Kläger musste daraufhin wegen einer Mittelgesichtsfraktur operiert werden. Die beklagte Unfallversicherung erkannte den Vorfall nicht als Arbeitsunfall an.

Das sagt das Gericht

Die 98. Kammer des Sozialgerichts (SG) Berlin hat die Klage abgewiesen. Dies begründete das Gericht im Wesentlichen wie folgt: Zwar habe sich der Kläger auf einem an sich versicherten Betriebsweg befunden, als er vom Betriebsgelände wieder zu seinem Auto ging.

Er habe diesen Betriebsweg jedoch wieder verlassen, als er die Wagentür nach der Beleidigung durch den Lkw-Fahrer noch einmal schloss, um die Angelegenheit »auszudiskutieren«. Darin liege eine Zäsur. Ab diesem Moment habe das Handeln des Bauleiters nur noch dem privaten Zweck gedient, den Lkw-Fahrer zur Rede zu stellen.

Verkehrsstreitigkeiten unterbrechen geschützten Arbeitsweg

Während dieser Unterbrechung des Betriebsweges habe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit diene und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien. (Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

SG Berlin (16.02.2023)
Aktenzeichen SG Berlin, Urteil vom 16. Februar 2023 (S 98 U 50/21)
SG Berlin, Pressemitteilung vom 20.03.2023
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