So regelt der Betriebsrat Überstunden

Überstunden liegen vor bei einer Überschreitung der vom einzelnen Arbeitnehmer geschuldeten, arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich festgelegten Arbeitszeit.
Wer also z. B. auf der Basis einer vertraglichen Wochenarbeitszeit von 38 Stunden beschäftigt ist, der hat im Rahmen einer 40-Stunden-Woche zwei Überstunden geleistet. Soweit der Arbeitsvertrag die Möglichkeit der Ableistung von Überstunden vorsieht, ist der Arbeitgeber auch berechtigt, diese in den Grenzen des Direktionsrechts einseitig anzuordnen.
Die Anordnung darf dabei nicht gegen höherrangiges Recht, also vor allem Gesetze, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen verstoßen. So wäre die Überschreitung der Grenzen einer täglichen Arbeitszeit von zehn Stunden z. B. ein Verstoß gegen § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und damit unzulässig. Die Anordnung muss zudem nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) »billigem Ermessen« entsprechen, d. h. zumutbar sein.
Im Streitfall wäre dabei im Rahmen einer Interessenabwägung zu klären, ob das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Ableistung das private Freizeitinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Sofern Unklarheiten hinsichtlich der vertraglichen Rahmenbedingungen für die Ableistung von Überstunden bestehen, kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber seit der Änderung des Nachweisgesetz (NachwG) zum 1. 8. 2022 nunmehr nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG auch dazu zwingen, diese Lücken durch Zuleitung einer Niederschrift über die fehlenden Angaben zu schließen.
Vergütung von Überstunden
Überstunden unterliegen auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung nach § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Vergütungspflicht. Ohne gesonderte Regelung ist die arbeitsvertragliche Vergütung zu zahlen. Wer hier Klarheit haben will, kann seit dem 1.8.2022 nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 NachwG im Arbeitsvertrag bzw. in einer Niederschrift des Arbeitgebers den Nachweis über die Vereinbarungen zur Vergütung von Überstunden und die Zahlung etwaiger Überstundenzuschläge verlangen. Sofern der Arbeitsvertrag Regelungen enthält, wonach Überstunden mit dem gewöhnlichen Gehalt abgegolten sein sollen, unterliegen diese Regelungen den strengen Anforderungen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB.
Nur wenn die denkbare Inanspruchnahme der Überstunden nicht in einem Missverhältnis zur Gehaltshöhe steht, kann eine solche Klausel einer gerichtlichen Kontrolle standhalten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zur Bewertung in einigen Fällen auf die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zurückgegriffen, bei deren Überschreiten durch das Gehalt Überstundenabgeltungen wirksam sein sollen.
Ob neben der »Grundvergütung« auch Überstundenzuschläge geschuldet werden, richtet sich nach den tariflichen oder vertraglichen Vorgaben. Eine gesetzliche Regelung existiert bis auf den Fall der Nachtzuschläge – angemessener Zuschlag nach § 6 Abs. 5 ArbZG – nämlich nicht. Hinsichtlich der Vergütung von Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten hat das BAG kürzlich seine eigentlich noch recht aktuelle Rechtsprechung erneut geändert.
Auswirkungen auf die Betriebsratsarbeit
Die zeitliche Lage von Überstunden und damit letztlich auch ihre Ableistung an sich, unterliegt der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG,) da es sich um einen Fall der vorrübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit handelt. Im Regelfall ist gleichzeitig die Lage der täglichen Arbeitszeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG betroffen.
Mehr dazu und wie Betriebsräte Überstunden in Betriebsvereinbarungen regeln können und warum Kappungsgrenzen in diesen keine gute Idee sind, lest Ihr im Beitrag von Christopher Koll in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 9/2023 ab Seite. 20. Abonnent:innen können den Beitrag hier lesen.
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