Einstellungsverfahren

Unverträglichkeiten vertragen sich mit dem Polizeidienst

11. September 2019 Bewerber, Beamte, Polizei, Gesundheit
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Wer Polizist werden möchte, muss bestimmt körperliche und gesundheitliche Voraussetzungen erfüllen. Eine Laktose- und Fructoseunverträglichkeit steht einer Einstellung in den Polizeivollzugsdienst nicht grundsätzlich entgegen, wie das VG Koblenz in einem Eolverfahren entschieden hat.

Ein Bewerber für den polizeilichen Vollzugsdienst hatte sich gegen seinen Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren gewehrt. Der Polizeiarzt hatte beim Bewerber nach Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die Laktose- und Fructoseunverträglichkeit auf Grundlage der Regelungen in der Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit“ – PDV – die Tauglichkeit verneint. 

Ärztliche Einschätzung hält vor VG nicht stand

Schwerwiegende, chronische oder zu Rückfällen neigende Krankheiten der Verdauungsorgane sind nach dieser Vorschrift als die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale festgelegt. Unter diese Regelung seien nach Ansicht des Polizeiarztes auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose- und Fructoseunverträglichkeit zu fassen. Es handele sich dabei um Krankheiten, die eine ordnungsgemäße Durchführung des Polizeivollzugsdienstes behinderten. Es könne beispielsweise zu Problemen bei Einsätzen mit Gemeinschaftsverpflegungen kommen.

In seinem Eilbeschluss hat das VG Koblenz klargestellt, dass es seitens der Behörde - hier seitens des Arztes - unterblieben ist, für das angestrebte Amt eine ausreichende Prognoseentscheidung zu treffen. Diese Prognose erfasse den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Zwar könnten für die Einstellung in den Polizeidienst körperliche Anforderungen für die Bewerber vorgeschrieben werden. Die Unverträglichkeiten des Antragstellers seien jedoch nicht ausdrücklich in der zugrunde gelegten Vorschrift geregelt.

 

Außerdem haben die vom Bewerber vorgelegten ärztlichen Gutachten gezeigt, dass er aktuell uneingeschränkt dienstfähig sei. Er vertrage Lebensmittel wie Joghurt, Quark und Käse ohne Probleme und benötige keine medikamentöse Behandlung, und er habe eine persönliche Toleranzschwelle für Fruktose und Lactose gefunden.

Daher ist die ärztliche Prognose ungenügend: Die Tatsachenbasis für die Prognoseentscheidung müsse der Mediziner auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen, heißt es im Beschluss. Der Arzt müsse das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei habe er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen Diesen Anforderungen werde die polizeiärztliche Stellungnahme nicht gerecht

Da das Gericht die fehlerhafte Prognoseentscheidung mangels hinreichender Entscheidungsgrundlagen nicht ersetzen könne, sei der Antragsteller vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zum Auswahlverfahren für den mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei zuzulassen.

© bund-verlag.de (mst) 

Quelle

VG Koblenz (23.08.2019)
Aktenzeichen 2 L 802/19.KO
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