Beleidigung

Wer den Affen macht, fliegt raus

04. Februar 2020 Betriebsrat, Beleidigung, Kündigung
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Quelle: © S. Engels / Foto Dollar Club

Wer einen Betriebsrats-Kollegen mit Affenlauten rassistisch beleidigt, muss mit der fristlosen Kündigung rechnen. Das gilt auch, wenn die Beleidigung während einer nicht öffentlichen Betriebsratssitzung fällt, wie ein Urteil des LAG Köln zeigt.

Ein Betriebsratsmitglied, der bereits seit 2009 Mitglied in der Arbeitnehmervertretung und seit 13 Jahren bei dem Logisikunternehmen war, hatte nach mehreren Abmahnungen die außerordentliche Kündigung erhalten. Mehrere Sachverhalte hielt der Arbeitgeber dabei für Kündigungsrelevant, die der Kläger allesamt zumindest in entscheidenden Teilen bestritt: Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt des Klägers im Dezember 2016 (Sachverhalt A); der Verdacht einer Falschaussage des Klägers als Zeuge in einem anderen Verfahren vor dem Arbeitsgericht zum Nachteil der Beklagten im März 2017, wobei der Kläger kündigungsrelevante Handlungen eines Kollegen deckte (Sachverhalt B). Schließlich eine rassistische Beleidigung eines Betriebsratskollegen in einer Betriebsratssitzung am 7.11.2017 (Sachverhalt C), woraufhin besagte fristlose Kündigung folgte, die hilfsweise mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen war.

Welche Kündigung greift?

Zur letztgenannten Kündigung hat die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt, die mittels eines Kreuzes auf dem Anhörungsbogen und der Unterschrift des Vorsitzenden nachgewiesen wurde. Zu den Sachverhalten A und B sollte dies im Zustimmungsersetzungsverfahren nachgeholt werden, was erfolglos blieb, weswegen nun vor dem LAG streitig war, ob die Beklagte nach der Zustimmung des Betriebsrats zum Sachverhalt C ihre nun ausgesprochene Kündigung auch mit den Sachverhalten A und B begründen könne oder ob es hierfür einer erneuten Anhörung des Betriebsrats zum Nachschieben der Kündigungsgründe A und B bedurft hätte.

Das LAG Köln hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass die außerordentliche Kündigung rechtens war. Beleidigt ein bereits einschlägig abgemahnter Arbeitnehmer einen Kollegen mit dunklerer Hautfarbe in Anwesenheit mehrerer anderer Kollegen durch den Ausstoß von Affenlauten wie »Ugah Ugah«, so kann darin ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB erkannt werden, heißt es im Urteil. Eine Beharrlichkeit des Pflichtverstoßes und damit eine nachhaltig negative Verhaltensprognose ist in einem solchen Fall insbesondere dann begründet, wenn nach Einschaltung der AGG-Beschwerdestelle der Beleidigende in der Anhörung durch den Arbeitgeber uneinsichtig äußert, sein Verhalten habe »der Auflockerung der Gesprächsatmosphäre« gedient und gehöre zum »gepflegten Umgang«. Die eingeschaltete AGG-Beschwerdestelle kam zu dem Ergebnis, dass eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft vorliege und empfahl der Beklagten den Ausschluss des Klägers aus dem Betriebsrat und aus dem Unternehmen.

Gekündigter schiebt alle Schuld von sich

Der gekündigte Betriebsrat hatte bestritten, Affenlaute von sich gegeben zu haben, allerdingst erklärt, dass er »Bunga Bunga« gesagt hätte und dass die Aussagen in einem Streit gefallen wären, in der er von diesem Kollegen beleidigt worden sei. Im Übrigen herrsche im Betriebsrat generell ein rauer Ton und besagter Kollege habe sich schließlich über die Äußerungen nicht beklagt.

Das nahm das Gericht jedoch nicht zum Anlass, die Aussagen als nicht rassistisch abzumildern und an der Rechtmäßigkeit der Kündigung zu rütteln. Auch aus vom Kläger angeführten betriebsverfassungsrechtlichen Gründen scheiterte die Kündigung nicht. Es könne - wie bereits vom Arbeitsgericht erkannt - dahin gestellt bleiben, ob eine Selbstbeurlaubung (Sachverhalt A) oder der dringende Tatverdacht einer Falschaussage (Sachverhalt B) als wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung in Betracht kommen, da jedenfalls die fristlose Kündigung durch die Prognose der Beklagten gerechtfertigt war, der Kläger werde sich auch in Zukunft weiterhin seinen Kollegen gegenüber beleidigend und insbesondere rassistisch verhalten.

Das LAG hat seinem Urteil schließlich folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt: Indem der zuvor einschlägig abgemahnte Kläger dem dunkelhäutigen Kollegen gegenüber in der Betriebsratssitzung Affenlaute geäußert hatte, habe er für eine fristlose Kündigung einen wichtigen Grund gesetzt. Der vom Arbeitsgericht nach Beweisaufnahme und Beweiswürdigung angenommene Sachverhalt sei richtig. Der Kläger habe dem Zeugen M gegenüber Affenlaute geäußert. Die Bezeichnung des Klägers seitens des Zeugen als Stricher war eine Reaktion auf diese Affenlaute und geschah somit zeitlich nach der Beleidigung seitens des Klägers. Der Kläger hatte zuvor ein Abmahnungsschreiben erhalten, das sich ebenfalls auf eine vom Kläger vorgenommene Beleidigung eines Kollegen bezog, weshalb ArbG und LAG auch von der negativen Zukunftsprognose des Klägers ausgehen konnten.

Entschuldigung wäre das Mindeste

Der Kläger hätte, wie es auch die Wertung in § 22 AGG verlangt, seine rassistische Beleidigung, nämlich die schlichte Kombination aus dem verpönten Merkmal des Opfers (dunkle Hautfarbe) mit der diskriminierenden Facette der Beleidigung (dunkelfarbenes Dschungeltier), nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO deutlich machen müssen, warum sein Verhalten gerade keine entsprechende Beleidigung sei. Stattdessen versuchte der Kläger den Vorfall kleinzureden. Trotz ausdrücklichen Hinweises auf die rassistische Tendenz folgt als Erklärung, im Betriebsrat sei der Umgangston manchmal flapsig. Als Alternativverhalten, das möglicherweise eine Negativprognose und damit eine Kündigung hätte verhindern können, wäre in dieser Situation eine Entschuldigung in Betracht gekommen, schreibt das LAG Köln im Urteil.

Betriebsräte müssen besonders besonnen sein

Auch seine Betriebsratszugehörigkeit nutzte dem Kläger aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens nichts: Dass der Kläger ein Betriebsratsmandat hat, lasse sein Verhalten nicht in einem für ihn günstigeren Licht erscheinen. Im Gegenteil sei der Kläger als Mitglied des Gremiums gemäß § 104 BetrVG und § 75 BetrVG besonders verpflichtet, jeglicher Diskriminierung von Beschäftigten entgegen zu wirken, so das LAG. Auch dass die Äußerung während einer Betriebsratssitzung erfolgt war, half dem Kläger nicht. Diese seien zwar nach § 30 Satz 4 BetrVG nicht öffentlich, was aber nicht bedeute, dass die Betriebsratssitzung ein rechtsfreier Raum wäre. Aus der Nichtöffentlichkeit der Sitzung folge auch nicht, dass Berichte von Betriebsratsmitgliedern über den Verlauf der Sitzung einer gerichtlichen Verwertung entzogen oder als Kündigungsgründe ausgeschlossen wären.

Wichtig: Der Kläger war bei der Beleidigung nicht »in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied« aktiv, was gesetzlich besonders geschützt wäre z.B. durch § 15 KSchG. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass es hier nicht um die Beleidigung eines Vorgesetzten oder der Arbeitgeberin geht, sondern um eine rassistische Beleidigung eines Kollegen.

Auch ein Ausschluss aus dem Gremium nach § 23 Abs. 1 BetrVG ändere nichts an den rassistischen Äußerungen, die in Zusammenhang mit der Vorgeschichte eine Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar erscheinen lassen.

Nachtrag, 25.11.2020

Das Urteil des LAG Köln ist rechtskräftig. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Rechtsbeschwerde des Klägers zurückgewiesen (BAG 23.10.2019 -  2 AZN 824/19). Auch die Verfassungsbeschwerde des Klägers scheiterte: Das BVerfG entschied am 2.11.2020, dass die rassistische Beleidigung im Rahmen einer Betriebsratssitzung nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist (BVerfG: Kündigung wegen rassistischer Beleidigung).

 

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

LAG Köln (06.06.2019)
Aktenzeichen 4 Sa 18/19
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