Betriebsratswahl

Wie »digital« ist die neue Wahlordnung?

09. Dezember 2021
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Quelle: © Gina Sanders / Foto Dollar Club

Nach dem BetrVG hat der Gesetzgeber nun auch die Wahlordnung angepasst. Wahlvorstände können Video- und Telefonkonferenzen nutzen, um die Wahlen im Frühjahr 2022 vorzubereiten. Aber unter welchen Voraussetzungen? Mehr dazu lesen Sie im Titelthema der »Computer und Arbeit« 11/2021.

Die Änderungen der Wahlordnung sind am 15.10.2021 in Kraft getreten. Damit kommen sie schon für die nächste Betriebsratswahl 2022 zur Anwendung. Neben allgemeinen Änderungen – wie z. B. der Abschaffung von Wahlumschlägen bei der Präsenzwahl, der Erweiterung der Briefwahl und der Einräumung von mehr Spielraum bei den einzelnen Fristen für den Wahlvorstand – war es nach den neuen Regelungen zu Telefon- und Videokonferenzen im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) naheliegend, Vergleichbares auch für Wahlvorstände in der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (WO BetrVG) zu verankern.

Begründet wird die Notwendigkeit von Video- und Telefonkonferenzen für Wahlvorstände insbesondere damit, dass im Zuge der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt auch bei Wahlvorständen ein Bedürfnis besteht, Online-Sitzungen durchzuführen. Woher diese Erkenntnis stammt, lässt das für die Novellierung verantwortliche Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) allerdings offen.

Die Regelungen zur Durchführung von Online-Sitzungen durch Wahlvorstände finden sich in § 1 WO BetrVG. Daneben wird durch eine Ergänzung in § 3 Abs. 4 WO BetrVG die Möglichkeit eröffnet, Beschäftigten das Wahlausschreiben parallel zum Aushang im Betrieb nicht nur per Post, sondern auch (etwa per E-Mail) elektronisch zuzusenden.

Online-Sitzungen des Wahlvorstands

Die Regelungen des § 1 WO BetrVG, die Wahlvorstandssitzungen per Video- und Telefonkonferenzen ermöglichen, lehnen sich inhaltlich an die entsprechenden Vorschriften in den §§ 30 und 33 BetrVG an. Anders als Betriebsräte müssen Wahlvorstände allerdings keine Regelungen hierzu in ihrer Geschäftsordnung treffen. Auch eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Durchführung von Online-Sitzungen enthält die WO BetrVG nicht.

In vielen anderen Punkten entsprechen die Neuregelungen in der WO BetrVG denen des BetrVG. Das gilt insbesondere für die Feststellung des § 1 Abs. 3 WO BetrVG, nach der die Durchführung von Präsenzsitzungen weiterhin Vorrang hat (vgl. die amtliche Begründung S. 20). Damit bleiben für Wahlvorstände gemeinsame Präsenzsitzungen der Regelfall. Der Rückgriff auf Online-Sitzungen kommt vor diesem Hintergrund etwa dann in Betracht, wenn ein Wahlvorstand nur deshalb zusammentreten muss, um durch die Wahlordnung vorgegebene Verfahrensschritte in der richtigen zeitlichen Abfolge durchführen zu können oder um Fristen zu wahren (vgl. die amtliche Begründung S. 15). Auch Beschlüsse können im Rahmen von Video- und Telefonkonferenzen gefasst werden, da § 1 Abs. 3 Satz 1 WO BetrVG – anders als § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG – die Anwesenheit der Mitglieder auch schon bisher nicht vorausgesetzt hat.

Der erste Beschluss zur Durchführung einer Video- und Telefonkonferenz muss in einer Präsenzsitzung gefasst werden. Für alle Beschlüsse des Wahlvorstands ist nach § 1 Abs. 3 WO BetrVG die einfache Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder erforderlich. Im Beschluss können Vorgaben zur Ausgestaltung der Online-Sitzungen gemacht werden. Die Durchführung als ausschließliche Online-Sitzung kommt ebenso in Betracht wie die digitale Zuschaltung einzelner Mitglieder zu einer Präsenzsitzung im Rahmen eines »hybriden« Modells. Bereits gefasste Beschlüsse zur Durchführung von Video- und Telefonkonferenzen können Wahlvorstände mit der notwendigen Mehrheit jederzeit ändern oder zurücknehmen.

Die Durchführung von Video- oder Telefonkonferenzen kann nur für nicht öffentliche Wahlvorstandssitzungen beschlossen werden. Öffentliche Sitzungen müssen hingegen immer in Präsenzform durchgeführt werden. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Durchführung von Video- und Telefonkonferenzen gemäß § 1 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 WO BetrVG:

  • für Wahlversammlungen nach § 14a Abs. 1 Satz 2 BetrVG,
  • für die Prüfung von Vorschlagslisten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG
  • sowie für die Durchführung des Losverfahrens nach § 10 Abs. 1 WO BetrVG.

Die Durchführung von Online-Sitzungen wäre in diesen Fällen ein Formfehler, der zur Ungültigkeit der Wahl führen könnte. Auf Online-Sitzungen sollte zudem in allen Fällen verzichtet werden, in denen Wahlunterlagen physikalisch zu prüfen sind.

Was müssen Wahlvorstände beachten?

Beschließt ein Wahlvorstand Video- und Telefonkonferenzen, muss er nach § 1 Abs. 4 Satz 3 WO BetrVG sicherstellen, dass dabei die Vertraulichkeit gewahrt wird. Es muss insbesondere ausgeschlossen werden, dass Unbefugte vom Inhalt der Sitzungen Kenntnis nehmen können. Um diese Vorgabe einzuhalten, sollten Wahlvorstände insbesondere prüfen, ob die verwendete Video- und Telefontechnik sicher ist. Hieran können Zweifel bestehen, wenn System-Administrator:innen Zugang zur stattfindenden Online-Sitzung haben. In diesen Fällen kommt der Rückgriff auf externe Konferenz-Software in Betracht.

Auf der organisatorischen Ebene muss zur Wahrung der Vertraulichkeit sichergestellt sein, dass alle online teilnehmenden Mitglieder während einer Wahlvorstandssitzung allein im Raum sind. Damit scheidet beispielsweise eine Teilnahme aus dem Großraumbüro aus, weil dort nicht auszuschließen ist, dass andere Beschäftigte das Gesagte hören oder das auf dem Bildschirm Gezeigte wahrnehmen können. (...)

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Den vollständigen Beitrag von Peter Wedde lesen Sie in »Computer und Arbeit« 11/2021. Weitere Highlights:

  • Softwaretest | »Digitale Wahlhelfer« für den Betriebsrat im Vergleich
  • DSGVO | Zweckbindung bei ETL-Software
  • Beschäftigtendaten bei der Betriebsratswahl | Das muss der Wahlvorstand wissen 
  • Homeoffice | Wie Sie mobile Arbeit »ausgestalten«
  • Impfstatus | Das hat die DSK zum Impfstatus der Beschäftigten beschlossen
  • Datenschutzkoordinatoren | Was gilt für Hilfspersonen des Datenschutzbeauftragten?

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