Betriebsratsarbeit

Betriebsratsmitglied trotz Aufhebungsvertrag

23. Februar 2021
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Quelle: © Marco2811 / Foto Dollar Club

Die Mitgliedschaft im Betriebsrat erlischt nicht vorzeitig, wenn ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Freistellung schließt. Das Mandat endet erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bis dahin muss der Arbeitgeber auch einem "endgültig freigestellten" Mitarbeiter Zugang zum Betrieb, den Betriebsratsräumen und zur Informationstechnik des Betriebsrats verschaffen.

Darum geht es

Der Arbeitnehmer ist bei einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen angestellt. Er ist Mitglied in dem für den Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Betriebsrat, der 2018 gewählt wurde. Am 30. März 2020 unterschrieb er einen Aufhebungsvertrag mit seiner Arbeitgeberin.  Danach soll das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2021 enden. Der Arbeitnehmer wird ab dem 1. April 2020 unwiderruflich und unter Fortzahlung seiner Bezüge freigestellt.

Nach dem Aufhebungsvertrag sollte der Arbeitnehmer u.a. seinen Firmen-Laptop und die Zugangskarte zum Betrieb bis 31. März 2020 zurückgeben. Das tat er nicht. Er nahm in Folge bis November 2020 an den Betriebsratssitzungen teil.

Die Arbeitgeberin vertrat durch ihren Personalleiter die Auffassung, der Arbeitnehmer habe sein Betriebsratsamt durch den Aufhebungsvertrag und die vereinbarte unwiderrufliche Freistellung verloren. Am selben Tag sperrte die Arbeitgeberin seinen Zugang zum IT-System des Gemeinschaftsbetriebs und seine Zugangskarte.

Der Arbeitnehmer beantragte einstweiligen Rechtsschutz, um die Ausübung seines Betriebsratsamtes durchzusetzen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main lehnte seinen Antrag ab.


Das sagt das Gericht

In zweiter Instanz gab das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) seinen Anträgen statt. Die Arbeitgeberin muss

  • die Wahrnehmung des Betriebsratsamts durch den freigestellten Arbeitnehmer dulden;
  • ihm uneingeschränkten Zugang zu den durch die Betriebsratsmitglieder genutzten informationstechnischen Systemen verschaffen, indem sie sein Benutzerkonto wieder freischaltet
  • ihm eine gültige Zugangskarte für den ungehinderten Zutritt zu den Betriebsräumen verschaffen.

Das LAG stellte fest, dass die Mitgliedschaft im Betriebsrat nicht vorzeitig durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages und die unwiderrufliche Freistellung erloschen ist.

Nach § 24 BetrVG erlischt die Mitgliedschaft im Betriebsrat u.a.durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Nr. 3) oder den Verlust der Wählbarkeit (Nr. 4). Da das Arbeitsverhältnis auch in der Freistellung noch andauert, stellt das Gericht fest, dass der Arbeitnehmer seine Wählbarkeit nicht verloren hat.  

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Antragsteller nach dem Aufhebungsvertrag »unwiderruflich bis zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses« von seiner Arbeitsleistung freigestellt ist. Zwar hat das BAG entschieden, dass ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat seine Betriebszugehörigkeit verliert, wenn er in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eintritt (BAG 25.10.2000 - 7 ABR 18/00).

Das sei allerdings eine deutlich andere Situation als eine vertraglich vereinbarte unwiderruflichen Freistellung. Denn  hier sei nur der Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit, während die dem Arbeitgeber obliegende Hauptleistungspflicht (Zahlung der vereinbarten Vergütung) aufrechterhalten bleibt.

Hinweis für die Praxis

Der Fall zeigt: Ein Aufhebungsvertrag, auch mit langer Freistellung, führt nicht automatisch zu einem Ende des Betriebsratsmandats. Das ist auch für den Betriebsrat als Gremium wichtig. Falls der freigestellte Mitarbeiter nicht von sich aus zurücktritt, bleibt er mit allen Rechten und Pflichten Mitglied und ist auch zu allen Sitzungen einzuladen.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

Hessisches LAG (21.12.2020)
Aktenzeichen 16 TaBVGa 189/20

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