Arbeitslosengeld

Kein Anspruch auf plattdeutschen ALG-Bescheid

05. Juni 2023
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Quelle: Pixabay | Bild von Tobias Albers-Heinemann

»Do wat du wullt, de Lüüd snackt doch!« Das norddeutsche Platt- oder Niederdeutsch ist eine anerkannte Regionalsprache mit Tradition und Aussagekraft. Aber man hat keinen Anspruch auf amtliche Bescheide in diesem Dialekt. Im Gegenteil: Wer darauf klagt, muss sogar Verschuldenskosten für eine »erkennbar aussichtslose« Klage zahlen - so das Landessozialgericht NRW.

Darum geht es

Der Kläger bezog 2017 Arbeitslosengeld II. Auf seinen Wunsch hin wies ihm das beklagte Jobcenter eine Arbeitsgelegenheit in einem Bauernmuseum zu. Er beschritt den Rechtsweg und begehrte die Erteilung eines Bescheides in plattdeutscher Sprache. Das Sozialgericht (SG) Detmold wies seine Klage durch Gerichtsbescheid ab.

Das sagt das Gericht

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Er habe keinen Anspruch auf Erteilung eines Bescheides in platt- bzw. niederdeutscher Sprache oder Erhalt einer Übersetzung in die platt- bzw. niederdeutsche Sprache. Nach § 19 Abs. 1 SGB X sei die Amtssprache deutsch.

Zwar umfasse die deutsche Sprache neben der hochdeutschen Sprache auch alle Mundarten und Dialekte, soweit diese von den Beteiligten verstanden werden. Im schriftlichen Verfahren zulässig sei jedoch allein Hochdeutsch. Dies entspreche dem Gebot des § 9 Abs. 2 SGB X, wonach ein Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen sei.

Dieses Gebot werde beeinträchtigt, wenn ein unübersichtliches Nebeneinander verschiedener Sprachvarianten mit unterschiedlichen Schreibweisen entstünde, die allenfalls räumlich begrenzt von einem Teil der Bevölkerung verstanden werden. Dies gelte auch für das Niederdeutsche und Plattdeutsche, da jedenfalls seit dem 16. Jahrhundert keine gemeinsame niederdeutsche Schriftsprache mehr existiere.

Aus dem Status als geschützte Regionalsprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 05.12.1992 könne der Kläger, der des Hochdeutschen nachgewiesenermaßen mächtig sei, ebenso wenig einen Anspruch ableiten. Weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Nordrhein-Westfalen hätten Vorschriften zur Verwendung der niederdeutschen (plattdeutschen) Sprache in der Verwaltung erlassen oder erlassen müssen.

Keine Diskriminierung im Sinne der Herkunft

Eine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner ethnischen Herkunft sei fernliegend. Denn Sprecher des Nieder- bzw. Plattdeutschen stellten keine eigenständige Ethnie dar.Schließlich habe das SG ermessen-fehlerfrei für die vorliegende, völlig substanzlose Klage Verschuldenskosten in Höhe von 500,- Euro festgesetzt, die der  Kläger begleichen muss.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

LSG Nordrhein-Westfalen (08.09.2022)
Aktenzeichen L 7 AS 1360/21
Quelle: Landessozialgericht NRW, Pressemitteilung vom 30.5.2023

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