Digitalisierung

Mitbestimmung beim Einsatz von Robotern

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Quelle: alphaspirit_Dollarphotoclub

Viele reden von Robotern, lernenden Systemen und künstlicher Intelligenz. Was hat es damit auf sich? Wie sieht die Mitbestimmung aus, wenn der Arbeitgeber Roboter einsetzen will? Und müssen Beschäftigte bald Anweisungen von Maschinen entgegennehmen? Antworten gibt Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Autor unseres neu aufgelegten Ratgebers »Digitalisierung und Arbeitsrecht«.

Was hat es mit Robotern, lernenden Systemen und künstlicher Intelligenz auf sich?

Die Frage ist berechtigt, auch wenn der Einsatz von Robotern und »lernenden Systemen« aufs Ganze gesehen heute noch eher die Ausnahme ist. Im Organisationsbereich der IGBCE wurden beispielsweise 14.000 Beschäftigte befragt, ob sie digitale Arbeitsmittel wie 3-D-Drucker, Datenbrillen, Smart Watches und künstliche Intelligenz bei ihrer Arbeit nutzen. Die Ja-Antworten schwankten zwischen einem halben und zwei Prozent – höchst überraschend für jeden, der Bücher von Informatikern und Ökonomen gelesen hat oder der sich auf Zeitungslektüre verlässt.

Wie ist dieser Unterschied zwischen Theorie und Praxis zu erklären?

Genau lässt sich das nicht bestimmen. Auf der einen Seite gibt es einen gewissen »Hype« in Bezug auf Digitalisierung. Es kommt eben besser an, wenn man über Roboter schreibt, die von Hackern geknackt wurden und die große Schäden anrichten und wie im Film flüchtende Menschen verfolgen. Wer stattdessen von »Zukunftsmusik« spricht, erscheint eher als Langweiler. Die Erwartungen und das Problembewusstsein sind hoch. Gleichzeitig ist die Anschaffung von Robotern, Exoskeletten und lernenden Systemen eine teure Angelegenheit, die nicht jedes Unternehmen auf sich nimmt – besonders dann, wenn es auch mit der bisherigen Technik ganz gut über die Runden kommt. Dennoch werden sich diese Dinge in absehbarer Zukunft immer mehr ausdehnen, auch wenn der Prozess jedenfalls in Deutschland langsamer als vermutet vonstatten geht.

Wie sieht die Mitbestimmung aus, wenn der Arbeitgeber/Dienstherr Roboter einsetzen will?

In aller Regel wird es sich um eine Betriebsänderung handeln: Es geht um eine grundlegende Änderung der Betriebsanlagen nach § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG oder um die Einführung grundlegend neuer Arbeitmethoden nach § 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG. Der Betriebsrat kann also über Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln. Außerdem dürfte der Roboter zumindest personenbeziehbare Daten speichern und verarbeiten, mit deren Hilfe das Verhalten der Arbeitnehmer überwacht werden könnte. Damit sind auch die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfüllt.

In der Personalvertretung ist es ähnlich. Nimmt man das BPersVG als Beispiel, so dürfte eine Rationalisierungsmaßnahme nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG sowie ein Fall von § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG vorliegen, der inhaltlich weitestgehend mit § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG übereinstimmt.

Müssen Beschäftigte bald Anweisungen von Maschinen entgegennehmen?

Ja, das ist denkbar. So kann etwa der Fall eintreten, dass es verschiedene Störfälle, jedoch nur eine Reparaturkolonne gibt und das System entscheidet, welches die dringendste Reparatur ist. Verbindliche Anweisungen durch eine »Maschine« schließt jedoch Art. 22 der Datenschutz-Grundverordnung aus; es muss immer ein Mensch eingeschaltet werden. In dem genannten Beispiel ist dies schwierig zu bewerkstelligen. Am sinnvollsten ist es, die Weisung durch das »System« als rechtlich unverbindliche Empfehlung zu betrachten. Der Arbeitnehmer begeht daher keine Pflichtverletzung, wenn er sich anders entscheidet.

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Mehr zu Digitalisierung, künstlicher Intelligenz, Homeoffice und Arbeit 4.0 lesen Sie im frisch aufgelegten Ratgeber: Wolfgang Däubler: »Digitalisierung und Arbeitsrecht«, 7. Auflage September 2020.

Der Interviewpartner

Daeubler_Wolfgang_neuProf. Dr. Wolfgang Däubler

Dr. jur., Professor für Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht, Bürgerliches und Wirtschaftsrecht an der Universität Bremen. Er ist einer der bekanntesten Arbeitsrechtler.
 
 
 
 
 
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