Corona und Homeoffice

Homeoffice

Zu Hause arbeiten ist in der Corona-Krise ein wichtiges Mittel, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Aber in einigen Betrieben gibt es noch gar keine Vereinbarung zum Thema Mobile Arbeit. Antworten auf alle Fragen rund um Homeoffice, Quarantäne und Corona gibt Prof. Dr. Wolfgang Däubler.

Aktualisiert am 10.2.2022

Betriebsratsarbeit

  • Das derzeit verbreitete Arbeiten im Homeoffice erfordert klare Regeln für Arbeitsschutz, Arbeitszeit und Datenschutz. Ohne die Mitbestimmung geht es nicht. Welchen Regeln diese folgt, erfahren Sie hier. 

  • Wer in der eigenen Wohnung arbeitet, kann durchaus zur Betriebsratssitzung in den Betrieb kommen. Anders ist es nur, wenn sich jemand in häuslicher Quarantäne befindet. In diesem Fall ist er verhindert; an seiner Stelle muss der nächste Nachrücker eingeladen werden. Anders bei einer Videokonferenz: Da kann der zu Hause Arbeitende unschwer teilnehmen. Zulässig ist auch, dass er sich nur zuschaltet, dass man also eine „hybride“ Sitzung durchführt.

  • Wegen der Pandemie hatte dies bis 30.6.2021 in Form des § 129 BetrVG eine befristete Sonderregelung erfahren. Dann kam mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz die heute geltende Dauerregelung. Danach hat die Präsenzsitzung den Vorrang. Insbesondere darf sich der Arbeitgeber nach § 30 Abs. 3 BetrVG nicht darauf berufen, eine Videokonferenz (etwa eines Gesamtbetriebsrats) sei billiger und brauche weniger Zeit.

    Die Videokonferenz ist ein Ausnahmetatbestand. Wann sie stattfinden kann, bestimmt sich nach § 30 Abs. 2 BetrVG. Danach muss der Betriebsrat die Voraussetzungen in seiner Geschäftsordnung festlegen. Dabei wird er insbesondere auf die noch immer andauernde Pandemie Rücksicht nehmen. Außerdem muss die Vertraulichkeit der Sitzungen gewahrt sein. Schließlich kann ein Viertel der Betriebsratsmitglieder einer Videokonferenz widersprechen und eine Präsenzsitzung verlangen. Für die Technik hat im Übrigen nach § 40 Abs. 2 BetrVG der Arbeitgeber zu sorgen.

  • Nein, nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG muss der „Vorrang“ der Präsenzsitzung gesichert sein. Wenn die Pandemie vorbei ist, muss dies ein wirklicher Ausnahmetatbestand sein. In Betracht kommen insbesondere hybride Sitzungen, an denen dann auch Betriebsratsmitglieder teilnehmen können, die auf Dienstreise oder generell im Außendienst tätig sind.

Anspruch auf bzw. Pflicht zu Homeoffice

  • Im Normalfall gibt es nur ganz ausnahmsweise einen Anspruch auf ein Homeoffice. Dieser kann sich beispielsweise aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Wenn alle anderen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, zu Hause arbeiten dürfen, nur der X nicht, dann kommt ein derartiger Anspruch in Betracht. Dasselbe gilt für schwerbehinderte Mitarbeiter, insbesondere für solche, denen eine tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz und wieder zurück besondere Schwierigkeiten macht.

    In der Corona-Krise gibt es Sonderregeln. Nach der derzeitigen Fassung des Infektionsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber Arbeiten im Homeoffice anbieten, es sei denn, „zwingende betriebliche Gründe“ würden dagegensprechen. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass die Angebotspflicht auch wirklich erfüllt wird – was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn wegen Quarantänemaßnahmen ein schulpflichtiges Kind zu Hause bleiben muss. Der Arbeitnehmer kann das Angebot des Arbeitgebers aber auch ablehnen, wenn persönliche Umstände entgegenstehen: die Wohnung ist zu klein und ein ungestörtes Arbeiten kaum möglich. Diese Sonderregelung gilt nur bis 19. März 2022, kann jedoch durch einfachen Bundestagsbeschluss einmalig um drei Monate verlängert werden.

  • Nach dem Sonderrecht für die Corona-Zeit kann der Einzelne ein Arbeiten im Homeoffice ablehnen. Das wird man auch auf den Normalfall übertragen können. Ist im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich die Arbeit zu Hause vorgesehen, kann nach allgemeiner Auffassung niemand gegen seinen Willen nach Hause „versetzt“ werden. Auch im Wege der Änderungskündigung ist das nach meiner Auffassung nicht möglich: Vom Arbeitnehmer kann nicht verlangt werden, dass er eigene Gegenstände wie einen Teil der Wohnung für dienstliche Zwecke zur Verfügung stellt. Freiwillig kann man vereinbaren, dass man so etwas tut, beispielsweise als Außendienstler mit dem eigenen Wagen fährt, aber erzwingen kann der Arbeitgeber das nicht. In Arbeitsordnungen aus dem 19. Jahrhundert findet man oft die Klausel, die Arbeitnehmer müssten in der kalten Jahreszeit Holz und Kohle mitbringen, um für die Heizung zu sorgen – solche Zeiten sind vorbei, es ist allein Sache des Arbeitgebers, die Bedingungen zu schaffen, damit die Arbeitsleistung erbracht werden kann. Derselbe Gedanke liegt auch der Lehre vom Betriebsrisiko zugrunde. Diese Überlegung ist wichtig, weil es einzelne Unternehmen gibt, die Freude am Homeoffice entwickeln, weil man auf diese Weise Bürofläche einsparen kann.

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Homeoffice und mobiler Arbeit

  • Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz hat einen § 87 Abs. 1 Nr. 14 ins BetrVG eingefügt, wonach der Betriebsrat über „die Ausgestaltung mobiler Arbeit“ mitbestimmen kann. „Mobil“ ist jede Arbeit, die außerhalb der Betriebsstätte erbracht wird, also auch die Tätigkeit im Homeoffice. Die Mitbestimmung bezieht sich aber nicht auf das „Ob“, so dass der Betriebsrat bei den bisher erörterten Fragen (siehe oben) nicht mitbestimmen kann.

    Beim „Wie“ ist er jedoch dabei. Dazu gehört insbesondere die Höhe des Aufwendungsersatzes, den der Arbeitnehmer für den Einsatz eines Teils seiner Wohnung und ggf. anderer Gegenstände nach § 670 BGB bekommen muss.

  • Ja, dafür ist § 87 Abs. 1 Nr. 14 geschaffen worden. Außerdem liegt beim Wechsel ins Homeoffice in aller Regel eine Versetzung nach § 95 Abs. 3 BetrVG vor, über die der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet werden muss und der er nach § 99 Abs. 2 BetrVG aus den dort genannten Gründen die Zustimmung verweigern kann. Beide Beteiligungsrechte stehen nebeneinander und sollten Anlass sein, möglichst alle mit dem Homeoffice in Zusammenhang stehenden Fragen in einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Dazu gehören viele wichtige Einzelfragen wie Haftung auf Schadensersatz und Datenschutz.

Auszubildende

  • Das kommt auf die Art der Ausbildung an. Wer eine kaufmännische Lehre macht, kann eine Reihe von Sachen auch zu Hause lernen, während die Einübung praktischer Fähigkeiten bei einem Schlosser am Objekt selbst erfolgen muss. Auch an den Unis wird derzeit über „digitale Lehre“ diskutiert. Bestimmte Dinge kann man auch lernen, wenn man die Lehrperson nur auf dem Bildschirm sieht.

Datenschutz

  • Datenschutzrechtlich ändert sich nichts, wenn der Einzelne zu Hause statt im Betrieb arbeitet. Der Umgang mit Kunden- und mit Arbeitnehmerdaten ist stets derselbe. Nur die Datensicherung, für die der Arbeitgeber gleichfalls verantwortlich bleibt, die aber der Arbeitnehmer praktizieren muss, kann schwieriger werden. Der Arbeitnehmer muss dafür sorgen, dass Familienangehörige oder Besucher nicht in vertrauliche Daten Einblick nehmen können. Passwort und Verschlüsselung sind hier die wichtigsten Mittel; daneben kommt Gesichtserkennung und automatisches Abschalten in Betracht.

Arbeitszeit und Entgelt

  • Das kommt ganz darauf an, was vereinbart ist oder den Umständen nach erwartet wird. Man muss zu bestimmten Stunden am Tag erreichbar sein. Das sollte man im Einzelnen festlegen. Die Betriebsvereinbarung muss hier zumindest einen Rahmen bestimmen, damit nicht „Bereitschaft rund um die Uhr“ vereinbart oder als „selbstverständlich“ vorausgesetzt wird. Ist nichts Besonderes festgelegt, kann man dann arbeiten, wenn es am besten in das Leben zu Hause reinpasst. Man muss lediglich die vorgesehenen Wochenstunden absolvieren, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einhalten und im Einzelfall auch tarifliche Begrenzungen der normalen Arbeitszeit.

  • Niemand muss im Homeoffice arbeiten, wenn er nicht das volle Gehalt bekommt. Es mag zwar sein, dass die Arbeitsproduktivität durch die Umstellung etwas leidet, aber das ist bei jedem Umzug so. Der Arbeitgeber kann nicht erwarten, dass er einen „Modellmenschen“ beschäftigt, der sofort alle neuen Probleme erkennt und auf dem effizientesten Weg löst. Entgeltminderung für Homeoffice – das ist der beste Weg, um vom Homeoffice abzuschrecken und den Betrieb funktionsunfähig zu machen.

Arbeitsschutz

  • In aller Regel gilt sie nicht: Nach ihrem § 2 Abs. 7 findet sie nur bei sog. Telearbeitsplätzen Anwendung, die vom Arbeitgeber bis hin zum letzten Stuhl voll eingerichtet wurden und in Bezug auf die auch die Arbeitszeiten bereits vertraglich festgelegt sind. Im Regelfall kann man daher im Homeoffice die Arbeitsstättenverordnung vergessen, doch gilt das Arbeitsschutzgesetz, das ja auch bis hin zur Gefährdungsbeurteilung eine Menge wichtiger Vorgaben enthält.

  • Die Gesetzliche Unfallversicherung hatte bis Juni 2021 beim Homeoffice Lücken. Wer sich z. B. in der Küche etwas zum Trinken holte, war nicht versichert. Mittlerweile steht der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice aber dem im Betrieb oder in der Dienststelle gleich. Das regelt die Neufassung des § 8 Abs. 1 SGB VII, die zusammen mit dem Betriebsräte­modernisierungsgesetz in Kraft getreten ist. Hiernach besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei denselben Tätigkeiten im Betrieb.

Kosten

  • Das geht nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers, nicht durch einseitige Anweisung. Das persönliche Eigentum des Arbeitnehmers ist der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers entzogen.

  • Ja, sobald der Arbeitnehmer eigene Sachen wie ein Zimmer in der Privatwohnung, ein Auto oder einen PC mit Zustimmung des Arbeitgebers für dienstliche Zwecke einsetzt, kann er nach § 670 BGB einen angemessenen Aufwendungsersatz verlangen. Er wendet dem Arbeitgeber einen Vermögenswert, d. h. die Nutzung zu, ohne dafür ein besonderes Entgelt zu erhalten. Wie viel der Arbeitgeber bezahlen muss, ist Vereinbarungssache. Verhandelt der Betriebsrat über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeit in der eigenen Wohnung, sollte er diesen Punkt auf keinen Fall vergessen und auch nicht zu bescheiden sein. Das BAG (14.10.2003 – 9 AZR 657/02, NZA 2004, 604) hat bei einer Außendienstmitarbeiterin, die sich zu Hause ein Arbeitszimmer eingerichtet hatte, die verkehrsübliche Wohnungsmiete zugrunde gelegt – und dabei sogar unberücksichtigt gelassen, dass die Arbeitnehmerin bei ihrem Freund wohnte und gar keine Miete bezahlen musste.

    Gestaltungsvorschläge für eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung samt Begründung und Alternativformulierungen bei Däubler, Der Personalrat 1/2022 S. 13 ff.

    Wichtige Anregungen finden sich weiter bei Klebe/Heilmann, in: Däubler/Klebe/Wedde (Hrsg.), Arbeitshilfen für den Betriebsrat, 5. Aufl., Frankfurt/Main 2021, Bund-Verlag, § 87 Rn. 65