Diskriminierung

Kopftuchverbot nur unter engen Voraussetzungen

04. März 2021
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Quelle: www.pixabay.com/de

Immer wieder landen Verbote, am Arbeitsplatz religiöse oder weltanschauliche Zeichen sichtbar für Dritte zu tragen, vor den Arbeitsgerichten. Jetzt hat der Generalanwalt am Gerichtshof der Europäischen Union klargestellt: Ein Arbeitgeber darf große religiöse Zeichen wie ein Kopftuch unter gewissen Umständen untersagen.

Das ArbG Hamburg und das BAG hatten den EuGH im Rahmen zweier Vorabentscheidungsersuche angerufen. In beiden Fällen ging es um die Frage, ob ein Arbeitgeber – im einen Fall ein religiös neutraler Kindergartenbetreiber (Rechtssache C-804/18), im anderen Fall eine Drogeriemarktkette (Rechtssache C-341/19) – Mitarbeiterinnen das Tragen eines islamischen Kopftuchs verbieten dürfe oder ob darin ein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf) zu sehen ist.

In seinen Schlussanträgen geht Generalanwalt Athanasios Rantos davon aus, dass sich aus dem arbeitgeberseitigen Verbot, politische, weltanschauliche oder religiöse Zeichen zu tragen, keine unmittelbare Diskriminierung ergebe. Die Frage, ob auffällige großflächige Zeichen – darunter fällt laut dem Generalanwalt das Kopftuch – am Arbeitsplatz zu gestatten sind, gehe einher mit der Frage, ob kleine diskrete religiöse Zeichen erlaubt sein können.

Nationale Gerichte müssen Einzelfall bewerten

Zwar sei es nicht Aufgabe des Gerichts zu prüfen, wann ein entsprechendes Zeichen klein oder groß sei. Vielmehr müssten die nationalen Gerichte den Gesamtzusammenhang des Verbots sehen, das bezogen auf großflächige Zeichen, grundsätzlich rechtmäßig sein könne, wenn das Unternehmen systematisch solche Zeichen untersage. Das muss das jeweilige nationale Gericht überprüfen.

Zusätzliche Voraussetzungen auf nationaler Ebene sind möglich

Die deutschen Bestimmungen, die vorsehen, dass ein Neutralitätsgebot bezüglich des Tragens entsprechender Zeichen nur dann dem Arbeitgeber zu gestatten ist, wenn ansonsten wirtschaftliche Nachteile drohen, sind nicht zu beanstanden. Sie würden nur eine weitere Voraussetzung schaffen. Sie verbieten jedoch nicht, dass ein Arbeitgeber grundsätzlich eine Politik der politischen, weltanschaulichen oder religiösen Neutralität verfolgt.

Wichtig: Die Schlussanträge sind für den EuGH nicht bindend. Sie stellen ein Gutachten seitens des Generalanwalts dar, in dem seine Rechtsauffassung und seine Vorschläge zur Auslegung – auch aufgrund der bisherigen EuGH-Rechtsprechung – erörtert werden.

© bund-verlag.de (mst)

Quelle: 

Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr. 25/21 vom 25. Februar 2021

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