Arbeitsschutz

Arbeitsschutzziele durchsetzen: So geht es!

27. Juni 2022 Arbeitsschutz
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Quelle: © industrieblick / Foto Dollar Club

Schaltet der Arbeitgeber auf stur, kann der Betriebsrat mit den besten Ideen und Maßnahmen zugunsten der Beschäftigten scheitern. Dann dürfen die Gremien sich nicht scheuen, Rechtsmittel einzulegen und ihre Mitbestimmung arbeitsgerichtlich durchzusetzen. Wie das funktioniert, erörtert der Beitrag von Fachanwalt Manfred Wulff in »Gute Arbeit« 6-7/2022.

Viele Betriebsräte (BR) nehmen ihre Mitbestimmungsrechte im Arbeits- und Gesundheitsschutz engagiert wahr; sie wollen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen. Nicht selten scheitert das an Arbeitgebern, die sich gegen die Mitbestimmung und den Abschluss von Betriebsvereinbarungen wehren bzw. die Umsetzung verzögern. Daher sollten alle BR nicht nur wissen, dass sie Mitbestimmungsrechte im Bereich des Arbeitsschutzes haben, sondern auch, wie man diese konkret durchsetzen kann.

Betriebsvereinbarung und Einigungsstelle

Die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wird in der Regel durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu einem bestimmten Thema genutzt. Kommt es bei den Verhandlungen zu Meinungsverschiedenheiten, die in den betrieblichen Verhandlungen nicht zu lösen sind, kann jede Betriebspartei ohne Zustimmung der anderen Partei nach § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungsstelle anrufen; lehnt der Arbeitgeber dies ab, kann der BR die Einigungsstelle vom Arbeitsgericht einsetzen lassen. Die Einigungsstelle kann mit einem Spruch die Meinungsverschiedenheit der Betriebsparteien beenden und deren Einigung ersetzen.

Auswahl der Verhandlungsthemen klar definieren

Wird die Einigungsstelle eingesetzt, muss der zu regelnde Sachverhalt präzise benannt werden. Es muss klar erkennbar sein, für welche konkreten Regelungsfragen die Einigungsstelle errichtet werden soll.

Beim Regelungsauftrag einer Einigungsstelle im Bereich der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG geht es darum, eine Rahmenvorschrift des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auszufüllen. Grob zusammengefasst heißt das: Es besteht die gesetzliche Arbeitgeberpflicht, eine Gefährdungsbeurteilung an allen Arbeitsplätzen durchzuführen. Doch wie das wann und wo umgesetzt wird, bedarf einer betrieblichen Vereinbarung.

Aktuelle Rechtsprechung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG 19.11.2019 - 1 ABR 22/18) hat u.a. sieben Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung in einzelne Mitbestimmungsbereiche geordnet. Diese sieben Schritte der Gefährdungsbeurteilung sind in Stichpunkten:

  • Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten, die beurteilt werden
  • Ermitteln der Gefährdungen (z. B. mit Arbeitsplatzbegehungen, Messungen, Prüfungen, Befragungen, Gespräche mit Beschäftigten etc.)
  • Beurteilen der Gefährdungen (Welche Belastungsfaktoren treten zutage? Wie wirken sie auf die Beschäftigten? In welcher Intensität wirken sie auf sie ein?)
  • Festlegen konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen nach dem aktuellen Stand der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse, der Technik, der Hygiene etc.
  • Umsetzen oder Durchführen der Maßnahmen
  • Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen
  • regelmäßige Wiederholung oder das Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung (mit Dokumentation) – etwa alle zwei bis vier Jahre – (Anpassung/neue Gefährdungsbeurteilung nach Anlass, im Falle geänderter betrieblicher Gegebenheiten nach § 3 ArbSchG).

Folgt man der Rechtsprechung des BAG, dann dürfen diese sieben Schritte nicht Gegenstand einer einzigen Einigungsstelle sein, sondern müssen in mehreren Betriebsvereinbarungen und Einigungsstellen geregelt werden.

Weitere Informationen

Den umfassenden Beitrag von Manfred Wulff lesen: » Arbeitsschutzziele durchsetzen – aber wie?«, Ausgabe »Gute Arbeit« 6-7/2022 (S. 15-19). Vier weitere Beiträge im Titelthema »Nach der Wahl – Mitbestimmen im Arbeitsschutz«:

  • S. Stockhausen (†): »Neu im Betriebsrat: Aktiv im Arbeits- und Gesundheitsschutz« (S. 8-14) – mit Aufgabenkatalog und Checklisten.
  • E. Klengel: »Was ist neu im Betriebsverfassungsgesetz?« (S. 20-23).
  • Prof. Dr. S. Fortunato, Prof. Dr. C. Trippel: »Ermittlung psychischer Gefährdungen« (S. 24-27).
  • A. Herbst: »Der Arbeitsschutzausschuss« (S. 28-30).

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