Arbeitsschutz

BAG zu Unfällen von Fremdpersonal

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Quelle: Ilan Amith / Foto Dollar Club

Ist der Betriebsrat auch für Fremdpersonal zuständig? Eigentlich nein. Doch muss er über Unfälle unterrichtet werden, sonst kann er keinen effektiven Arbeitsschutz garantieren. Allerdings ist dieser Informationsanspruch begrenzt – so das BAG in einer Grundsatzentscheidung, die jetzt mit lesenswerter Begründung vorliegt.

Erleiden Arbeitnehmer bei der Arbeit einen Unfall, so muss der Arbeitgeber diesen bei dem Unfallversicherungsträger anzeigen. Der Betriebsrat hat Anspruch auf eine Kopie der Unfallanzeige. Außerdem ist er nach § 89 Abs. 2 Satz 1 BetrVG umfassend über alle Details des Unfalls zu informieren. Dass dieser Anspruch sich auf Leiharbeitnehmer erstreckt, ist seit Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) klar. Seit langem war streitig, wie es mit Fremdpersonal aussieht, das nicht den Weisungen des Arbeitgebers unterliegt, auf dessen Betriebsgelände der Unfall passiert ist. Darum ging es hier.

Das war der Fall

Bei einem großen Logistik-Unternehmen waren über Werkverträge viele Fremdfirmen beschäftigt. Beim Beladen schwerer Paletten wurden zwei der Fremd-Arbeitnehmer schwer verletzt. Der Arbeitgeber informierte den Betriebsrat nicht. Auch bei einer anschließenden Betriebsbesichtigung war der Betriebsrat nicht zugegen. Er verlangt nun von seinem Arbeitgeber Kopien der Unfallanzeigen und für die Zukunft umfassende Informationen über Unfälle auch von Fremdpersonal.

Der Arbeitgeber sieht sich hierzu  nicht verpflichtet. Er weigert sich, auch über Unfälle von Fremdpersonal in Zukunft zu informieren.

Das sagt das Gericht

Die Vorinstanzen lehnten die Ansprüche des Betriebsrats ab. Das BAG gewährte dem Betriebsrat – jedenfalls in Grenzen – die Informationsansprüche – wie folgt:

Auf eine Kopie der Unfallanzeige hat der Betriebsrat keinen Anspruch

Fremdpersonal unterliegt eben nicht den Weisungen des Arbeitgebers, bei dem der Unfall passiert ist. Die Unfallanzeige erstattet daher auch der Arbeitgeber des Fremdpersonals, mit dem der Betriebsrat beim Unfallort nichts zu tun hat. Nur der Betriebsrat der Fremdfirma erhält eine Kopie der Unfallanzeige, die er mitunterzeichnet (§ 89 Abs. 6 BetrVG).

Der Betriebsrat muss aber über Unfälle von Fremdpersonal unterrichtet werden

Obwohl der Betriebsrat für Fremdpersonal nicht zuständig ist, hat er Anspruch, von seinem Arbeitgeber über Unfälle des fremden Arbeitnehmers informiert zu werden. Denn aus diesen Unfällen können sich allgemeine »unfallverhütungsrelevante« Erkenntnisse ergeben, die auch für die betriebszugehörigen Arbeitnehmer und damit für den Arbeitsschutz insgesamt von Belang sind.

Das Fremdpersonal nutzt ja dieselbe Infrastruktur und dieselben Betriebsmittel wie die Betriebsangehörigen. Erst die Kenntnis von allen Arbeitsunfällen ermöglicht dem Betriebsrat präventives Handeln, um gleichgelagerte Unfälle für die Zukunft zu vermeiden. Nur so ist effektiver und umfassender Arbeitsschutz und Unfallverhütung möglich. Allerdings ist das Informationsrecht begrenzt. Der Betriebsrat darf Informationen verlangen über:

  • Datum/Uhrzeit des Unfalls
  • Unfallstelle
  • Unfallhergang
  • erlittene Verletzungen

Denn daraus ergeben sich »unfallverhütungsrelevante Rückschlüsse«, die für den Betriebsrat interessant sind und Aufschlüsse über Unfallursachen ergeben, die für die Unfallverhütung von Belang sind. Der Betriebsrat darf keine Informationen verlangen zu:

  • Namen der verunfallten Personen
  • Eintritt der Arbeitsunfähigkeit
  • sonstigen persönlichen Angaben

Er darf auch keine weiteren Ermittlungen oder Aufklärungsmaßnahmen ergreifen und daher auch keine Befragung der verunfallten Arbeitnehmer oder von Zeugen vornehmen. Der Betriebsrat kann auch nicht »ins Blaue hinein« eine Vorlage von Unterlagen beanspruchen, die für seine Tätigkeit nicht relevant sind.

Das muss der Betriebsrat beachten

Dass das BAG nun endgültig geklärt hat, dass der Betriebsrat auch über Unfälle von Fremdpersonal zu unterrichten ist, ist konsequent und stärkt die Rechte des Betriebsrats. Nur so kann er einen effektiven Arbeitsschutz im Betrieb sicherstellen, der vor allem das präventive Handeln im Fokus hat.

Denn auch aus den Arbeitsunfällen des Fremdpersonals können sich wichtige Erkenntnisse über mögliche Unfallgefahren und daher Folgen für die Unfallverhütung ergeben. Alle Unfälle, die bei der Nutzung der betrieblichen Infrastruktur entstehen, muss der Betriebsrat daher genau kennen. Anders sieht es sicher mit Unfällen aus, die nichts mit dem Arbeitsschutz der betriebseigenen Arbeitnehmer zu tun haben. Aber das wird eher der seltene Fall sein.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

BAG (12.03.2019)
Aktenzeichen 1 ABR 48/17
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