Lohn und Gehalt

Entgeltumwandlung schützt vor Pfändung

26. Oktober 2021
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Quelle: © papalapapp / Foto Dollar Club

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass ein Teil des Arbeitsentgelts durch Entgeltumwandlung für die Direktversicherung in der betrieblichen Altersversorgung verwendet wird, stellt das umgewandelte Entgelt grundsätzlich kein pfändbares Einkommen mehr dar - so das Bundesarbeitsgericht.

Darum geht es

Die Parteien streiten darüber, ob monatliche Beiträge durch Entgeltumwandlung in eine von der Arbeitgeberin abgeschlossene Direktversicherung zum pfändbaren Einkommen einer Arbeitnehmerin (§ 850 Abs. 2 ZPO) gehören.

Der Kläger in diesem Rechtsstreit ist der geschiedene Ehemann einer Arbeitnehmerin. Er klagt gegen deren Arbeitgeberin. Im Rahmen der Scheidung hatten die früheren Ehepartner u.a. über die Aufteilung von Schulden aus einem Bauprozess gestritten. Das Familiengericht hatte die Arbeitnehmerin durch Versäumnisbeschluss verpflichtet, ihrem Ex-Ehemann 22.679,60 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Der Kläger erwirkte im November 2015 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das Arbeitseinkommen, den er der Arbeitgeberin seiner Ex-Ehefrau vorlegte. Im Mai 2016 schloss die Arbeitnehmerin mit ihrer Arbeitgeberin eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand.

Danach zog die Arbeitgeberin vom pfändbaren Teil des Arbeitslohns, den sie dem Ehemann auszahlte, auch das monatlich umgewandelte Entgelt in Höhe von ca 240 Euro ab.

Diesen monatlichen Minderbetrag verlangt der Ex-Ehemann ebenfalls. Er ist der Auffassung, seine Ex-Frau sei nach dem Pfändungsbeschluss nicht mehr berechtigt gewesen, in  dieser Weise über ihr Einkommen zu verfügen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte der Klage teilweise stattgegeben (LAG München, 14.8.2019 – 11 Sa 26/19). Dagegen wehrt sich die Arbeitgeberin mit der Revision.


Das sagt das Gericht

Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte die Arbeitgeberin mit ihrer Revision Erfolg. Das umgewandelte Arbeitsentgelt stellt in diesem Fall kein pfändbares Einkommen mehr dar.

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den/die Arbeit-nehmer/in eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch Entgeltumwandlung für seine/ihre betriebliche Altersversorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor.

Altersvorsorge besonders geschützt

Daran ändert der Umstand, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getroffen wurde, jedenfalls vorliegend deshalb nichts, weil die Streitverkündete mit der mit der Beklagten getroffenen Entgeltumwandlungsvereinbarung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG* auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde.

Das BAG ist der Auffassung, die getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung stelle keine den Kläger als Gläubiger benachteiligende Verfügung dar. Eine solche könnte der Gläubiger vom Vollstreckungsgericht verbieten lassen (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Es liege auch kein Fall von verschleiertem Arbeitseinkommen im Sinne von § 850h ZPO vor.

Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn – anders als hier – ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, musste der Senat nicht entscheiden.


Das bedeutet die Entscheidung für Sie

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) folgt der Wertung des Gesetzgebers, dass Arbeitsentgelt, das für die betriebliche Altersvorsorge umgewandelt wird, besonders privilegiert, von Steuern und Sozialabgaben befreit ist und auch vor Pfändung geschützt ist. Eine Benachteiligung der Gläubiger liegt darin nicht, befanden die Richter.

In diesem Fall hatte die Arbeitnehmerin aber auch nur den gesetzlich vorgesehenen Betrag gemäß § 1a BetrAVG (bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze) umgewandelt.

Das BAG hat ausdrücklich offen gelassen, ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn ein höherer Anteil des Arbeitsentgelts umgewandelt werden soll - in dem Fall könnten Gerichte die Interessen der Gläubiger also auch höher gewichten.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (14.10.2021)
Aktenzeichen 8 AZR 96/20
BAG, Pressemitteilung vom 14.10.2021
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