Ausbildung

Erleichterungen für schwerbehinderte Prüflinge

10. Dezember 2019
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Quelle: © Doris Heinrichs / Foto Dollar Club

Einem schwerbehinderten Auszubildenden kann für seine Abschlussprüfung eine verlängerte Prüfungszeit zustehen, aber keine Assistenz beim Beantworten der Prüfungsfragen. Zwar stehen schwerbehinderten Menschen auch bei Prüfungen Erleichterungen zu, sie dürfen aber das Prüfungsergebnis nicht verfälschen - so das Verwaltungsgericht Gießen.

Ein schwerbehinderter Auszubildender kann für seine Abschlussprüfung keine persönliche Assistenz beim Beantworten der Prüfungsfragen verlangen. Zwar stehen schwerbehinderten Menschen bei Bedarf auch bei beruflichen Prüfungen Erleichterungen zu -  diese dürfen aber das Prüfungsergebnis nicht verfälschen - so das Verwaltungsgericht Gießen.

Darum geht es:

Der Kläger leidet nach einer Hirnblutung an den Folgeschäden einer Gesichtsfeldeinschränkung und einer Sprachstörung (Aphasie). Er absolviert eine Ausbildung zum Verkäufer. Er hatte in der Vergangenheit für seine schriftlichen Prüfungen bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) bereits Zeitverlängerungen auf 50 Prozent der Prüfungszeit erhalten. Außerdem wurden die Prüfungsaufgaben für ihn optisch vergrößert.

Der Auszubildende beantragte für die mündliche Prüfung ihm als Nachteilsausgleich eine persönliche Assistenz bereitzustellen. Die Asssistenzperson sollte für ihn die Prüfungsfragen in sogenannte einfache Sprache übertragen und ihm Unterstützung bei der Formulierung seiner Antworten auf diese Fragen geben. Dies lehnte die IHK ab.

Das sagt das Gericht:

Auch das Verwaltungsgericht (VG) Gießen lehnte den Antrag nach Auswertung fachärztlicher Gutachten und Anhörung der Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen ab.

Zwar gebiete das Gebot auf Chancengleichheit, dass bei Prüfungen die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden müssten. Ihnen sei daher grundsätzlich ein Nachteilsausgleich zu gewähren, um chancengleiche äußere Bedingungen für die Erfüllung der Leistungsanforderungen herzustellen Dies finde aber seine Grenzen, wenn durch den Nachteilsausgleich - hier durch persönliche Assistenz - der wahre Leistungsstandim Vergleich zu den Mitprüflingen nicht mehr ermittelbar wäre.

Leistungsstand muss ermittelbar bleiben

Das wäre der Fall, wenn eine persönliche Assistenz die Prüfungsfragen für den Kläger vereinfacht und damit u.U. auch Inhalt und Aufgabenstellung verändert und zudem Hilfe bei der Formulierung von Antworten leistet.

Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs scheide aus, wenn die Einschränkungen, denen der Betroffene unterworfen ist, den Kernbereich der Fähigkeiten beträfen, die mit der jeweiligen Prüfung gerade festgestellt werden sollen (Beispiel: Eine Person, die blind ist, kann nicht Berufskraftfahrer werden).

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel zugelassen.

Lesetipps:

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

VG Gießen (19.11.2019)
Aktenzeichen 8 K 3432/17.GI
VG Gießen, Pressemitteilung vom 6.12.2019
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