Kündigungsschutz

Datenschutzverstoß rechtfertigt fristlose Kündigung

25. Januar 2022
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Quelle: © Gina Sanders / Foto Dollar Club

Persönliche Daten im Arbeitsverhältnis stehen unter besonderem Schutz. Das unbefugte Lesen und Weiterleiten von E-Mails kann zu einer fristlosen Kündigung führen. Dies gilt auch dann, wenn die Daten der Beweissicherung und damit dem Schutz einer Frau im Kirchenasyl gegen sexuelle Übergriffe in der Kirche dienen sollten – so das LAG Köln.

Das war der Fall

Eine bei einer evangelischen Kirchengemeinde angestellte Küsterin hatte im Rahmen ihrer Buchhaltungsaufgaben auch Zugriff auf das E-Mail-Konto des vorgesetzten Pastors. Dort fand sie Hinweise, dass gegen den Pastor wegen sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl lebende Frau ermittelt wurde.

Die Küsterin fand einen Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau. Sie speicherte und leitete sie weiter – um Beweise sichern zu wollen und der Frau zu helfen.

Nach Bekanntwerden der Vorkommnisse kündigte die Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis fristlos. Eine Beurlaubung des Pastors hob die Kirchengemeinde im September 2020 wieder auf. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

Mit ihrer Kündigungsschutzklage hatte die Sekretärin zunächst vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Aachen Erfolg. Das Gericht erkannte in ihrem Verhalten zwar einen an sich wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung, hielt diese jedoch aufgrund des langen und bisher unbelastet verlaufenen Arbeitsverhältnisses und mangels Wiederholungsgefahr für unverhältnismäßig (ArbG Aachen 22.04.2021 -8 Ca 3432/20).

Das sagt das Gericht

Die Berufung der Kirchengemeinde gegen dieses Urteil hatte Erfolg. Das LAG Köln wies die Kündigungsschutzklage ab. Das für die Aufgaben der Klägerin notwendige Vertrauensverhältnis sei als unwiederbringlich zerstört anzusehen.

In der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten lag für das Gericht auch wegen der damit einhergehenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten ein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht.

Dieser sei auch nicht durch die von der Kirchenmitarbeiterin vorgetragenen Beweggründe gerechtfertigt gewesen. Denn mit ihrer Vorgehensweise habe sie keines der angegebenen Ziele erreichen können, die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise zu sichern.

Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung überwiege das Lösungsinteresse der Gemeinde das Beschäftigungsinteresse der Arbeitnehmerin deutlich. Selbst die erstmalige Hinnahme dieser Pflichtverletzung sei der Gemeinde nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für die Klägerin erkennbar – ausgeschlossen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Das muss die Mitarbeitervertretung beachten

Der Fall wirft Fragen auf. Zweifellos liegt im unbefugten Lesen und Weiterleiten von E-Mails und Chat-Verläufen des Vorgesetzten ein Datenschutzverstoß. Allerdings muss man bedenken, dass dieses Vorgehen dem vermeintlichen Ziel diente, eine Frau im Kirchenasyl vor sexuellen Übergriffen des Pastors zu schützen und Beweise zu sichern – auch wenn das Ermittlungsverfahren gegen den Pastor später mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wurde. 

Man könne daher zu dem Schluss kommen, dass das ein legitimes Ziel ist, das den Datenschutzverstoß rechtfertigt oder jedenfalls relativiert. So sah es auch das Arbeitsgericht und hat eine Abmahnung für ausreichend angesehen. Eine Kündigung sei nicht gerechtfertigt. Es fragt sich, ob die gekündigte Beschäftigte nicht als Whistleblowerin Schutz verdient hätte.

© bund-verlag.de (fro, ck)

Quelle

LAG Köln (02.11.2021)
Aktenzeichen 4 Sa 290/21
LAG Köln, Pressemitteilung vom 3.1.2022
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