Insolvenz

Mitgestalten in der Insolvenz

18. September 2020 Insolvenz
Insolvenz
Quelle: pixabay

Die Corona-Pandemie führt bei vielen Unternehmen zur Zahlungsunfähigkeit. Ein letzter Schritt: Der Insolvenzantrag. Was Betriebsräte in der Insolvenz für die Beschäftigten tun können, erfahren Sie von unserem Experten, Rüdiger Helm im Interview mit »Arbeitsrecht im Betrieb« 9/2020.

Fragen der Redaktion:

Die Folgen des Coronavirus haben sich bereits im ersten Quartal 2020 in der Unternehmenslandschaft gezeigt: Zwischen Januar und März haben in Deutschland 45 Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 20 Millionen Euro Insolvenz beantragt. Experten befürchten für Herbst einen weiteren Anstieg an Insolvenzen.

Wann muss der Betriebsrat mit einem Insolvenzverfahren rechnen?

Mit Insolvenz müssen Betriebsräte im Fall sich abzeichnender »Zahlungsunfähigkeit« und der »Überschuldung« des Arbeitgebers rechnen. Die Ursache ist in der Regel Missmanagement. Manche Umstände, wie die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, sind für Unternehmen nicht vorhersehbar. Sie decken aber oft langjährige unternehmerische Fehlentscheidungen auf. Krisen wirken dann als »Beschleuniger« des langjährigen Missmanagements. Die Insolvenz ist die Folge.

Gesetzliche Insolvenzursachen sind die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung.

Zahlungsunfähig ist ein Arbeitgeber, der nicht mehr in der Lage ist, seine Zahlungspflichten zu erfüllen. In § 17 Insolvenzordnung (InSO) wird zwischen drohender und dauerhafter Zahlungsunfähigkeit unterschieden. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann ein Insolvenzantrag gestellt werden, bei dauerhafter Zahlungsunfähigkeit ist er Pflicht. Überschuldung liegt vor, wenn die Schulden des Arbeitgebers höher sind als das gesamte Betriebsvermögen.

Liegen diese Insolvenzgründe vor, sind juristische Personen nach § 15a InsO verpflichtet, spätestens drei Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Firmen die als eingetragener Kaufmann agieren, werden von dieser Verpflichtung nicht erfasst. Diese haben keine so strengen Bilanzierungspflichten und keine Rechenschaftspflichten gegenüber einem Aufsichtsrat. Die Schließung dieser Gesetzeslücke ist überfällig. Die Firma Anton Schlecker war beispielsweise ein solcher eingetragener Kaufmann.

Ist jede Betriebsstillegung eine Insolvenz?

Betriebsstillegung und Insolvenz ist nicht das gleiche. Die Betriebsstillegung ist die organisatorische Entscheidung eines Arbeitgebers einen Betrieb oder mehrere Betriebe zu schließen. Die Insolvenz ist Folge der fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit, die Zahlungsfähigkeit eines Arbeitgebers.

Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Betriebsrat im Vorfeld des Insolvenzverfahrens?

Ursache von Insolvenzen sind häufig fortgesetzten Fehlentscheidungen. Wenn es zur Insolvenz kommt, ist der Betriebsrat die wahrscheinlich einzige Stelle, die gegenüber dem Insolvenzverwalter nichts zu vertuschen hat. Der gut informierte Betriebsrat ist da in einer besseren Situation. Unverzichtbar ist die enge Koordination des Wissens der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft.

Im ersten Insolvenzfall, mit dem ich befasst war, der Buchhandlung Kaiser im Münchner Rathaus, haben die Beschäftigten und der Betriebsrat mit ihrer Gewerkschaft das Wissen der Beschäftigten zusammen getragen. Erst dadurch ließ sich erkennen, dass dem Unternehmen in unzulässiger Weise Geld entzogen wurde. Vor dem Strafgericht wurde die Strafe gegen Verantwortliche unter der Auflage zur Bewährung ausgesetzt, dass dieser Gelder für den Sozialplan bereitstellen.

Das Wissen der Belegschaft und ihrer Gewerkschaft macht in der Insolvenz den Unterschied. Der vorausschauende Betriebsrat macht daher seinen Unterrichtungsanspruch - ggf. auch über den Wirtschaftsausschuss - konsequent geltend.

Antworten von Rüdiger Helm auf weitere Fragen zum Ablauf des Insolvenzverfahrens, den Rechten des Betriebsrats in der Insolvenz und der Auswirkung auf Ansprüche der Beschäftigten bekommen Sie in der aktuellen »Arbeitsrecht im Betrieb« 9/2020 ab Seite 18.

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