Kurzarbeit

Steuernachzahlung bei Kurzarbeit?

07. April 2021 Kurzarbeit, Steuern
Dollarphotoclub_60707287_160503
Quelle: © Sailorr / Foto Dollar Club

Warum Beschäftigte in Kurzarbeit etwas Geld für Steuernachzahlungen beiseitelegen sollten und wie Betriebsräte Nachzahlungen im Vorfeld verhindern können, erfahren Sie im Interview mit dem Experten Achim Thannheiser in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 4/2021.

Um Kündigungen bei vorübergehendem Arbeitsausfall zu vermeiden, können Unternehmen ihre Beschäftigten in Kurzarbeit schicken, wenn der Betriebsrat dem durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung zugestimmt hat. Betroffene Arbeitnehmer*innen arbeiten dann weniger oder überhaupt nicht und erhalten Kurzarbeitergeld (KuG), dass der Arbeitgeber statt des Gehalts auszahlt. Grundsätzlich sind das 60 Prozent, Beschäftigte mit Kindern erhalten 67 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts. In manchen Unternehmen kommt ein Zuschuss des Arbeitgebers zum KuG hinzu, weil dies in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart worden ist.

Warum sollten Beschäftigte, die KuG bezogen haben, Steuernachzahlung einplanen?

Das liegt am Progressionsvorbehalt nach § 32b Einkommensteuergesetz (EStG ) und dem daraus folgenden »besonderen Steuersatz«. Der Steuersatz ermittelt sich aus dem Tarif, der auf die Summe der Gehälter und steuerfreien Einnahmen anzuwenden wäre. Unser Steuersystem ist so aufgebaut, dass in 2020 bis 9.408 € keine Steuern und danach 14 % steigend bis 42 % bei einem Einkommen ab 55.961 € gezahlt werden müssen. Mit dem ermittelten Steuersatz werden anschließend die laufenden Einkünfte (ohne steuerfreie Leistungen) besteuert.

Ein Beispiel hierzu: M ist alleinstehend und zahlt 2020 für 20.000 € Jahreseinkommen 2.346 € Einkommenssteuer. N ist auch alleinstehend und hat in 2020 nur 10.000 € Gehalt bekommen, aber auch KuG in Höhe von 10.000 € und muss nun mit ca. 1.080 € Einkommenssteuer rechnen. Hätte N nur 10.000,- € Gehalt in 2020 verdient, wären nur ca. 80 € Einkommenssteuer fällig gewesen.

Das KuG ist steuerfrei. Aber das Beispiel zeigt, dass für die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte mehr Steuern gezahlt werden müssen. Weil nun keine Lohnsteuer auf das KuG abgeführt wurde und auf die Gehaltszahlungen zu wenig, kann auf Beschäftigte am Jahresende eine Steuernachzahlung zukommen.

Warum müssen denn steuerfreie Einnahmen überhaupt bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden?

Der Progressionsvorbehalt rechtfertigt sich nach der Rechtsprechung aus dem Prinzip der leistungsgerechten Besteuerung. Das Argument ist, dass steuerfreie Einkünfte die steuerliche Leistungsfähigkeit erhöhen. Dies ist nach aktueller Gesetzgebung und Rechtsprechung für einen höheren Steuersatz eine ausreichende Begründung. Dieses Besteuerungsprinzip wurde vielfach gerichtlich hinterfragt. Aber durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht wurde festgestellt, dass der Steuergesetzgeber - auch im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip - nicht gehindert ist, auch steuerfreie Leistungen im Rahmen der Besteuerung zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass - wie bei § 32 EStG - die Grundsätze der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beachtet werden (BVerfG 3.5.1995 – 1 BvR 1176/88).

Müssen Beschäftigte auch auf einen steuerfreien Zuschuss zum KuG Steuernachzahlungen einplanen und wie kann der Betriebsrat eine mögliche Steuernachzahlung der Beschäftigten verhindern? Erfahren Sie dazu mehr in der AiB 4/2021 ab Seite 26.

Jetzt 2 Ausgaben »Arbeitsrecht im Betrieb« gratis testen und sofort online auf alle Inhalte zugreifen!

© bund-verlag.de (EMS)

Newsletter 2024 viertel - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

Inklusion Familie Rollstuhl Behinderung Gleichstellung Sonnenuntergang Gruppe
Rehabilitation - Aus den Fachzeitschriften

20 Jahre BEM

Dollarphotoclub_82076822
Tarifliche Ausschlussklausel - Rechtsprechung

Inflationsausgleichsprämie während der Altersteilzeit?

KI, Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz - Aus den Fachzeitschriften

KI-basierte Chatbots in der Gremienarbeit