Mitbestimmung

Das ist beim Urlaub jetzt zu beachten

18. Januar 2021 Urlaub
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Quelle: © Sunny Images / Foto Dollar Club

Was es bei Urlaubsansprüchen aus dem laufenden Jahr zu beachten gilt und welche Rolle der Betriebsrat und die aktuelle Rechtsprechung dabei spielen, erfahren Sie von Sophia Guggenberger in »Arbeitsrecht im Betrieb« 1/2021.

Dass der Urlaubsanspruch im individuellen Verhältnis Arbeitnehmer-Arbeitgeber besteht, schließt nur auf den ersten Blick die Mitwirkung des Betriebsrats aus. Die Mitbestimmungsrechte sind in § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG aufgezählt. Sie bestehen dann, wenn der Arbeitgeber Richtlinien aufstellt, nach denen Urlaub zu gewähren ist, ferner bei der Aufstellung des Urlaubsplans und schließlich ausnahmsweise auch im Einzelfall, wenn hinsichtlich der zeitlichen Lage des Urlaubs einzelner Arbeitnehmer*innen keine Einigung erzielt werden kann.

Die Position des Betriebsrats ist hier besonders stark – der Arbeitgeber kommt an seinem Willen nicht vorbei. Finden die Betriebsparteien in einer solchen Angelegenheit keine einvernehmliche Lösung, dann entscheidet die Einigungsstelle.

Und ansonsten hat sich der Betriebsrat im Urlaubsrecht herauszuhalten?

Ganz und gar nicht: er hat Überwachungspflichten. Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Aufgabe, sicherzustellen, dass die zum Schutz der Arbeitnehmer geltenden Regelungen eingehalten werden. Dazu gehört auch das Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Konkret bedeutet das: Der Betriebsrat ist verpflichtet, zu kontrollieren, ob die Arbeitnehmer so viele Urlaubstage bekommen, wie ihnen nach Gesetz oder Tarifvertrag zustehen, oder sie ordnungsgemäß übertragen oder abgegolten wurden. Außerdem muss er prüfen, ob den Urlaubswünschen auch wirklich nur dringende betriebliche Belange entgegengestellt wurden und ob bei der Gewährung von Urlaub eine angemessene Abwägung der hineinspielenden Interessen stattfand und Gleichbehandlungsgesichtspunkte beachtet wurden.

Festgestellte Verstöße kann der Betriebsrat nicht zugunsten einzelner Arbeitnehmer gerichtlich geltend machen. Seine Aufgabe ist es, beim Arbeitgeber auf Beseitigung des Verstoßes hinzuwirken und gegebenenfalls den Arbeitnehmer zu informieren, so dass dieser seine Rechte selbst wahrnehmen kann. Für diese Überprüfungen benötigt der Betriebsrat Informationen. Diese muss ihm der Arbeitgeber zur Verfügung stellen.

Das LAG München (LAG München 17.2.1999 - 7 TaBV 82/98) erklärte dazu: Der Betriebsrat kann eine Unterrichtung verlangen über die Handhabung der Urlaubsansprüche, soweit sie im Urlaubsjahr nicht erfüllt werden konnten, soweit sie auf das nächste Urlaubsjahr übertragen wurden und darüber, ob diese Urlaubsansprüche mit Ablauf des Übertragungszeitraums verfallen oder abgegolten werden. Es bedarf nicht einmal der Darlegung einer konkreten Aufgabe. Die Unterrichtung soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, zu prüfen, ob sich für ihn Aufgaben ergeben und ob er in deren Wahrnehmung tätig werden muss. Auch wenn der Beschluss aus dem Jahr 1999 stammt: Seither hat kein Gericht anders entschieden.

Die neue Rechtsprechung zum Verfall

Bislang verfielen ungenutzte Urlaubsansprüche mit Ablauf des laufenden Jahres, bei Vorliegen betrieblicher Gründe zum 31. März des Folgejahres. Dann holte der EuGH Ende 2018 zu einem Doppelschlag aus (EuGH 6.11.2018 - C-684/16 und C-619/16). Er stellte klar: Arbeitnehmer verlieren den ihnen nach Unionsrecht zustehenden Urlaubsanspruch nicht automatisch, nur weil sie zuvor keinen Urlaubsantrag gestellt haben.

Das setzte das BAG rasch um und erlegte dem Arbeitgeber sogenannte Mitwirkungsobliegenheiten auf. Der Verfall von Urlaub nach § 7 Abs. 3 BUrlG kann jetzt nur noch dann eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erlischt.

Zwar begründet diese Rechtsprechung keine absolute Pflicht für den Arbeitgeber: Es ist ihm unbenommen, den Hinweis nicht zu erteilen. In diesem Fall kann er sich aber gegenüber den Arbeitnehmern auch nicht darauf berufen, der Urlaubsanspruch sei verfallen. Für Betriebsräte kommt dadurch die Aufgabe hinzu, zu überprüfen, ob die Hinweise erteilt wurden, wenn der Urlaub verfallen soll.

Mehr dazu und ob eine Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit zulässig ist und wie sich Betriebsräte hier schützend für die Ansprüche der Beschäftigten einsetzen können, erfahren Sie im Beitrag »Neues beim Urlaub« von Sophia Guggenberger in »Arbeitsrecht im Betrieb« 1/2021 ab Seite 35.

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