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1.500 € Schadensersatz wegen unzulässiger Videoüberwachung

12. November 2019
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Quelle: © Light Impression / Foto Dollar Club

Die Überwachung der Mitarbeiter unterliegt engen Grenzen. Will der Arbeitgeber seine Angestellten per Videokamera filmen, braucht er einen triftigen Grund. Ohne einen solchen können die Beschäftigten Schadensersatz verlangen - so das LAG Mecklenburg-Vorpommern.

Es geht um den allgemeinen Schadenersatzanspruch nach § 823 BGB wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch unzulässige Videoüberwachung.

Das war der Fall

Ein Mitarbeiter einer Tankstelle beendet sein Arbeitsverhältnis. Er fühlt sich durch die massive Videoüberwachung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Dabei stören ihn weniger die sichtbaren Kameras im öffentlichen Bereich (Zapfsäulen, Verkaufsraum), die vor allem auf die Abwehr von Straftaten Außenstehender zielen. Vielmehr fühlt er sich durch die versteckten Kameras im Kassen- und im Lagerbereich beeinträchtigt, die nach seiner Einschätzung ausschließlich auf ihn und die Kollegen als Arbeitnehmer der Tankstelle abzielen.

Das sagt das Gericht

Das LAG gibt dem Angestellten Recht und spricht ihm Geldentschädigung zu. Durch die Installation der versteckten Kameras im Flur- und Lagerbereich hat der Arbeitgeber die Persönlichkeitsrechte des Angestellten verletzt. Daher besteht ein Anspruch nach § 823 BGB. Wegen der nur kurzen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses hält das Gericht einen Schadenersatz in Höhe von 1.500 Euro für gerechtfertigt.

Eine unfreiwillige Videoüberwachung braucht der Arbeitnehmer nicht hinzunehmen. Es gehört zum Persönlichkeitsrecht jedes Beschäftigten, dass dieser bestimmen kann, ob er abgefilmt wird oder nicht. Nur im Ausnahmefall sind Film- oder Videoaufnahmen durch den Arbeitgeber zulässig. Diese Ausnahmefälle, die eine Persönlichkeitsverletzung rechtfertigen, sind im Beschäftigtendatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Es gilt das »Verbot mit Erlaubnisvorbehalt«.

Gericht nimmt gezielte Kontrolle der Beschäftigten an

Dass der Einsatz der versteckten Deckenkameras im Flurbereich hier nicht auf externe Straftäter, sondern auf die Beschäftigten abzielen sollte, hat das Gericht nach intensiver Prüfung festgestellt. Es geht davon aus, dass die Flurkameras installiert wurden, um Vermögensgegenstände, die im Sichtbereich der Kameras lagern (insbesondere Geld, Zigaretten und Alkohol), vor rechtswidrigen Zugriffen durch die Beschäftigten zu schützen.

Für diese Mitarbeiterüberwachung muss es nach BDSG eine Rechtsgrundlage geben. Diese könnte vorliegen, wenn es einen Anlass für Verdachtsmomente gibt oder die Beschäftigten sogar eingewilligt haben.

  • Das Gericht stellt nochmals fest, dass eine anlasslose Überwachung der Belegschaft zum Schutz vor Vermögenschädigungen des Arbeitgebers verboten ist. Das war nach dem alten § 32 BDSG so und gilt auch heute unter dem neuen § 26 BDSG (in Kraft seit 25.5.2018). Hier im Fall kann also nur eine »anlassbezogene« Überwachung nach § 26 BDSG in Betracht. Dafür müsste der Arbeitgeber aber konkrete Anhaltspunkte für ein berechtigtes Misstrauen gegenüber den Angestellten haben, dass diese beispielsweise einen Diebstahl oder sonst ein Delikt begehen könnten. Für diese Anhaltspunkte sieht das Gericht keinerlei Anlass.
     
  • Eine Einwilligung als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung sieht das Gericht ebenfalls nicht. Es ist für die Wirksamkeit einer Einwilligung nach § 4a Absatz 1 Satz 2 BDSG erforderlich, dass der Arbeitnehmer vor Abgabe der Einwilligungserklärung über die beabsichtigte Datenverwendung informiert wird. Denn nur eine »informierte Einwilligung« ist wirksam. Hier sieht das Gericht nicht, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten entsprechend informiert und dieser seine Einwilligung zur Videoüberwachung abgegeben hat. Eine konkludente Einwilligung ist nicht zulässig.

Das muss der Betriebsrat wissen:

Es ist gut, dass die Gerichte der Videoüberwachung doch mehr und mehr einen Riegel vorschieben. Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist immer ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten. Dieser ist eigentlich verboten. Der Arbeitgeber benötigt eine Erlaubnis für den Eingriff. Es gilt strikt das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Eine Erlaubnis kann sich nur aus dem BDSG ergeben. Eine anlasslose Überwachung ist jedenfalls nicht erlaubt.  

Lesetipps:

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Mecklenburg-Vorpommern (24.05.2019)
Aktenzeichen 2 Sa 214/18
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