Zugangsrecht der Gewerkschaften

Arbeitgeber muss keine Gewerkschafts-E-Mails versenden

27. Mai 2022
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Quelle: pixabay / Alexandra_Koch

Gewerkschaften dürfen unter Beschäftigten für sich werben. Erlaubt der Arbeitgeber einer Arbeitnehmervereinigung allerdings schon, sich im Intranet des Unternehmens zu präsentieren, ist er nicht verpflichtet, deren Informationen an die dienstlichen E-Mail-Adressen der Mitarbeiter zu versenden – so das Arbeitsgericht Bonn.

Darum geht es

Klägerin ist eine bei dem Arbeitgeber vertretene Arbeitnehmervereinigung. Der Arbeitgeber gewährt den bei ihm vertretenen Arbeitnehmervereinigungen die Möglichkeit, im Intranet des Unternehmens Informationen zu veröffentlichen und auf ihr Angebot aufmerksam zu machen.

Aufgrund der coronabedingten Beschäftigung der Arbeitnehmer im Homeoffice will die Klägerin den Arbeitgeber gerichtlich dazu verpflichten, dass dieser E-Mails mit einem von dem Kläger gestalteten Inhalt an alle bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer versendet.

Das sagt das Gericht

Das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn hat die Klage abgewiesen. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, E-Mails mit einem von einer Gewerkschaft gestalteten Inhalt an alle bei dem Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer zu versenden.

Das Grundgesetz (GG) schützt die Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften bzw.  Arbeitnehmervereinigungen (Art. 9 Abs. 3 GG).  und hierüber u.a. auch die Mitgliederwerbung und Information über ihre Aktivitäten. Soweit jedoch die Arbeitnehmervereinigung für ihre Betätigung aber Betriebsmittel des Arbeitgebers in Anspruch nehmen muss, bedarf es einer Abwägung zwischen den Interessen der Arbeitnehmervereinigung und denen des Arbeitgebers.

Bei dieser Abwägung ist eine Gewerkschaft nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) berechtigt, selbst E-Mails – auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers – an die ihr bekannten dienstlichen E-Mailadressen ihrer Mitglieder zu versenden.

Nach Einschätzung des ArbG Bonn hat die Klägerin in diesem Verfahren jedoch weit mehr verlangt, nämlich den Arbeitgeber selbst zu verpflichten, dass er seine technischen und organisatorischen Ressourcen selbst einsetzt, um den E-Mail-Versand im Interesse der Arbeitnehmervereinigung zu organisieren. Zudem hätte er die Gewerkschaftsinfos allen Beschäftigten zur Kenntnisnahme während der Arbeitszeit zusenden müssen, unabhängig davon, ob sie Mitglied sind oder nicht.

Da der Arbeitgeber der Arbeitnehmervereinigung in diesem Fall bereits über das Intranet bereits Zugangsmöglichkeiten zu allen im HomeOffice Beschäftigten verschafft hatte, sein ein Versand von E-Mails im Auftrag nicht erforderlich. Hierdurch würde das Recht des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf übermäßig beeinträchtigt – so die Richter.

Hinweis für die Praxis

Die gute Nachricht für Gewerkschaften ist: das Arbeitsgericht Bonn bestätigt, dass das Zugangsrecht der Gewerkschaften sich grundsätzlich auch voll auf die Beschäftigten im Homeoffice erstreckt.

Hat der Arbeitgeber diesen Zugang, z. B. über sein Intranet einmal eingeräumt,  ist er aber hier nach Ansicht des Gerichts nicht verpflichtet, seinen Beschäftigten noch aktiv Infos der Gewerkschaft zu schicken.

Geeigenetere Regelungen zum digitalen Zugang können die Gewerkschaften aber auch aushandeln, wie es etwa die IG BCE in einer Sozialpartnervereinbarung mit den Arbeitgebern der Kautschukindustrie geschafft hat, siehe »Digitales Zugangsrecht für die IG BCE« in »Arbeitsrecht im Betrieb« 10/2021 ab Seite 32.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

ArbG Bonn (11.05.2022)
Aktenzeichen 2 Ca 93/22
ArbG Bonn, Pressemitteilung vom 23.5.2022
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