Elterngeld Plus auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit

Elterngeld können Beschäftigte entweder als Basiselterngeld oder als Elterngeld Plus bekommen. Der Unterschied liegt vor allem in der Bezugsdauer: Elterngeld Plus wird doppelt so lang gezahlt wie Basiselterngeld, ist dafür aber nur halb so hoch wie das Basiselterngeld, wenn Eltern nach der Geburt nicht arbeiten. Arbeiten sie nach der Geburt allerdings in Teilzeit, kann das Elterngeld Plus genauso hoch sein wie das Basiselterngeld mit Teilzeit. Arbeiten beide Eltern gleichzeitig in Teilzeit, können sie außerdem den sog. Partnerschaftsbonus erhalten, also bis zu 4 zusätzliche Monate Elterngeld Plus bekommen. Voraussetzung für den Partnerschaftsbonus ist, dass beide mindestens 24 und höchstens 32 Stunden pro Woche arbeiten, also »erwerbstätig« sind (§ 4b Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz [BEEG]).
Das war der Fall
Der Kläger erkrankte kurz nach Beginn der Partnerschaftsbonusmonate und war deutlich über die sechs Wochen Entgeltfortzahlung hinaus krankgeschrieben. Er erhielt dann bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Dies hatte zur Folge, dass die Elterngeldstelle die Leistungsbewilligung für das Elterngeld Plus aufhob und das Elterngeld, auch das bereits Bewilligte, für die gesamten vier Monate vom Kläger zurückforderte. Begründung: Mit dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung und dem Einsetzen des Krankengelds sei er nicht mehr erwerbstätig gewesen.
Das sagt das Gericht
Die Aufhebung und Rückforderung war laut Bundessozialgericht (BSG) unzulässig.
Eltern sind auch dann »erwerbstätig«, wenn sie ihre auf die vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht ausüben können, jedoch das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werden wird. Eine andere Auslegung des BEEG widerspricht dem Ziel des Elterngeld Plus, die partnerschaftliche Betreuung des Kindes bei gleichzeitiger Teilzeittätigkeit beider Eltern wirtschaftlich abzusichern.
Praxistipp
Die Entscheidung stellt klar, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber und die Gewährung von Elterngelds Plus nach BEEG unterschiedliche Ziele und Anspruchsvoraussetzungen haben.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im bestehenden Arbeitsverhältnis richtet sich gegen den Arbeitgeber und ist auf maximal sechs Wochen beschränkt (zumindest für den Fall, dass es sich um dieselbe Erkrankung im medizinischen Sinne handelt). Wenn also der Beschäftigte etwa von Mitte März bis Mitte Juni erkrankt sein sollte, hat er lediglich für sechs Wochen einen Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Nach Ablauf der sechs Wochen ist dieser Anspruch erschöpft und im sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis entsteht der Anspruch auf Krankengeld bei der jeweiligen Krankenkasse.
Allerdings ist es so, dass bei Krankheitszeiten über die Dauer von sechs Wochen hinaus lediglich der Zahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber entfällt, es ändert sich aber nichts daran, dass der jeweilige Beschäftigte nach wie vor als bei ihm beschäftigt, also als »erwerbstätig« anzusehen ist. Nach der Intention des BEEG kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass dann nach sechs Wochen der Begriff der »Erwerbstätigkeit« nicht mehr vorliegen würde. Der Begriff »Erwerbstätigkeit« ist nach BSG daher nicht so zu verstehen, dass entweder die Teilzeitarbeit tatsächlich ausgeübt werden muss oder zumindest (noch) der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber bestehen müsste.
Der Anspruch auf Elterngeld Plus besteht also auch dann weiter, wenn die arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlungspflicht bereits wegen Ablauf der sechs Wochen abgelaufen ist. Das sind die rechtlich bedeutenden Unterschiede zwischen dem maximalen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber und dem Leistungsanspruch nach dem Elterngeld Plus, der lediglich die »Erwerbstätigkeit« voraussetzt.
Ewald Helml, Dr. jur., Direktor des Arbeitsgerichts a.D.
Quelle
Aktenzeichen B 10 EG 2/22 R