Bürgergeld

Hund zählt nicht zum Existenzminimum

10. August 2023
Hund Hundehalter Spaziergang Straße Verkehr dog
Quelle Pixabay.com/de | Bild von MabelAmber

Ein Bürgergeldbezieher hat keinen Anspruch darauf, dass das Jobcenter ihm die Kosten für das Anschaffen und Halten eines Hundes bezahlt. Diese gehören nicht zu dem vom SGB II zu gewährleistenden Existenzminimum – so das Landessozialgericht Baden-Württemberg.

Darum geht es

Der Kläger bezieht seit 2005 Arbeitslosengeld II. Er wollte erreichen, dass das zuständige Jobcenter für ihn die Kosten für die Anschaffung und Haltung eines Hundes übernimmt.

Er machte geltend, er benötige einen Begleithund als soziale Unterstützung während und insbesondere nach der Corona-Pandemie, um die schweren Folgen sozialer und finanzieller Isolation zu kompensieren, Tagesstrukturen zu entwickeln und soziale Kontakte/Teilhabe zu erlangen, die rund um die Uhr im Wohn- und Außenbereich bestünden.

Ihm sei daher der dauerhafte Sozialkontakt zu einem Begleithund auf Lebenszeit als Familienersatz zu gewähren. Die Kosten bezifferte er mit 2.000,00 Euro für die Anschaffung eines Hundes sowie von monatlich 200,00 Euro für laufende Kosten wie Futter und Hundesteuer.

Das sagt das Gericht

Damit blieb der Kläger jedoch vor dem LSG Baden-Württemberg wie schon zuvor vor dem Sozialgericht Stuttgart erfolglos.  Das von den Jobcentern ausgezahlte Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) – dem sogenannten Hartz IV und jetzigen Bürgergeld – soll für die Leistungsberechtigten das Existenzminimum sicherstellen.

Haustier zählt nicht zum Existenzminimum

Das SGB II enthalte keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen Mehrbedarf wegen Tierhaltung. Das Gericht stellte nicht in Frage, dass die Haltung eines Hundes dem Kläger eine Art soziale Zuwendung bzw. Familienersatz bieten und für das Aufrechterhalten einer Tagesstruktur hilfreich sein kann. Dies ändere jedoch nichts an dem Umstand, dass Hundehaltung nicht zum Existenzminimum gehört, welches das SGB II gewährleisten soll.

Hund ist kein Sonderbedarf

Auch einen besonderen Bedarf, der ausnahmsweise die begehrte Leistung rechtfertigen könnte, vermochte das LSG schon deshalb nicht zu erkennen, weil es in der Hand des Klägers selbst liegt, diesen Bedarf zu steuern: Anders als beispielsweise bei bestimmten Erkrankungen mit dauerhaft erhöhtem Hygienebedarf, die ggf. zwingend anfallen und für die eine Übernahme der Kosten als möglich angesehen wird, kann der Kläger die Kosten einer Hundehaltung dadurch vermeiden, dass er sich eben keinen Hund anschafft.

Sozialkontakte auch ohne Hund möglich

Die Pflege sozialer Kontakte sowohl zu Hunde- als auch zu Nichthundebesitzern in seinem Wohnumfeld ist ihm unabhängig davon, ob er selbst einen Hund besitzt, uneingeschränkt möglich. Der Kläger befindet bzw. befand sich – auch unter Berücksichtigung der coronabedingten Isolationsvorschriften – nicht in einer außergewöhnlichen Lebenssituation, in der ohne die Bedarfsdeckung (Hundehaltung) verfassungsrechtlich geschützte Güter gefährdet werden.

Eine konkrete und unmittelbare Gefährdung der Gesundheit des Klägers war ebenfalls nicht zu erkennen. Der Kläger habe diese ausdrücklich auch nicht geltend gemacht, denn er habe sich bewusst nicht an seine Krankenkasse gewandt, weil er nach seinem eigenen Vortrag keine „medizinische“ Leistung in Form eines „Psychotherapie-Assistenzhunds“ braucht, sondern einen „Begleithund“ als „Sozialkontakt-Hilfe“.

Hinweis für die Praxis

Was zu dem auch schon durch das Grundgesetz (GG) geschützten Existenzminimum gehört und was nicht, ist dabei immer wieder Gegenstand von Sozialgerichtsverfahren. Auch bei Arbeitnehmern ist der »Bürohund« in den letzten Jahren immer beliebter geworden.

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© bund-verlag.de (ck)

Quelle

LSG Baden-Württemberg (20.06.2023)
Aktenzeichen L 9 AS 2274/22
LSG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 31.7.2023
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