Kündigung

Kündigungen wegen häufiger Kurzerkrankungen

14. Februar 2023 Kündigung, Kurzerkrankungen
Krankheit
Quelle: iStock.com, schulzie

Kündigungen wegen häufiger Kurzerkrankungen sind zulässig, wenn aufgrund der Fehlzeiten eine negative Gesundheitsprognose vorliegt. Diese können Beschäftigte widerlegen, wenn ärztliche Gutachten bestätigen, dass ihre Krankheiten ausgeheilt sind und keine Auswirkung in der Zukunft haben. So das LAG Köln.

Das war der Fall

Eine 35- jährige, geschiedene und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Lagerarbeiterin in der Lebensmittelbranche ist in den Jahren 2016 – 2019 häufig arbeitsunfähig erkrankt. Im Jahr 2016 an 21 Tagen, in 2017 an 58 Tagen und in 2018 sogar an 84 Tagen. Der Arbeitgeber kündigt daher krankheitsbedingt. Dagegen wendet sich die Beschäftigte mit einer Kündigungsschutzklage.

Das sagt das Gericht

Das Gericht gibt der erkrankten Beschäftigten recht. Ihre Kurzerkrankungen konnten eine Kündigung nicht rechtfertigten, ihr Arbeitsverhältnis besteht weiter.

Kündigungen wegen Krankheit sind im Prinzip zulässig, unterliegen aber strengen Voraussetzungen. Bei Kurzerkrankungen ist folgende Drei-Stufen-Prüfung erforderlich:

  1. Negative Gesundheitsprognose: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass aufgrund der Kurzerkrankungen in Zukunft mit weiteren erheblichen krankheitsbedingten Ausfällen zu rechnen ist. Für eine solche Prognose ist eine Rückschau der letzten drei Jahre vor Ausspruch der Kündigung vorzunehmen.
  2. Wirtschaftliche Belastung: Hinzukommen muss eine erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigung des Arbeitgebers.
  3. Interessenabwägung: Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung – dritte Stufe – ist schließlich zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber angesichts der Belange des Arbeitnehmers gleichwohl hingenommen werden müssen.

Im Kündigungsprozess ist es sodann Sache des Arbeitnehmers, darzulegen, weshalb im Kündigungszeitpunkt mit einer baldigen Genesung zu rechnen war und also eben keine negative Gesundheitsprognose besteht.

Hier konnte die Beschäftigte nachweisen, dass ihre behandelnden Ärzte ihre gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilen. Zudem hatte sie – was für den Prozess wichtig ist – die Ärzte von ihrer Schweigepflicht befreit. Die sog. Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten war folglich erschüttert.

Das muss der Betriebs- oder Personalrat beachten

Es geht in Kündigungsschutzprozessen meist um die Beweislast. Bei Kündigungen wegen Kurzerkrankungen muss der Beschäftigte nachweisen, dass die vom Arbeitgeber behauptete negative Gesundheitsprognose nicht zutrifft. Dazu benötigt der Beschäftigte meist ärztliche Gutachten, die ihm bestätigen, dass seine Krankheiten in Zukunft keine Rolle spielen. Dafür ist ganz wichtig, dass der Beschäftigte die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbindet. Allerdings genügt allein dies nicht, vielmehr muss der Beschäftigte auch nachweisen, dass die Ärzte seine gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilen (Grundsatzurteil BAG 20.11.2014 - 2 AZR 755/13).

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Quelle

LAG Köln (08.11.2022)
Aktenzeichen 4 Sa 297/21

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