Compliance

Nur erforderliche Ermittlungskosten sind zurückzuzahlen

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Quelle: © Sailorr / Foto Dollar Club

»Compliance« ist für viele Beschäftigte ein abstrakter Begriff. Wie konkret das Thema werden kann, zeigt ein neues BAG-Urteil. Dabei ging es um die Frage, ob eine Führungskraft für die Kosten einer Compliance-Ermittlung haften muss. Das ist der Fall, wenn die Ausgaben erforderlich waren.

Dem Leiter des Zentralbereichs Einkauf wurden nach anonymen Verdachtsmeldungen mehrere Compliance-Verstöße vorgeworfen. Eine zur Ermittlung beauftragte Anwaltskanzlei stellte mehr als 200.000 Euro in Rechnung, die die Arbeitgeberin vom Ex-Mitarbeiter zurückverlangte – zuletzt standen noch 66.500 Euro im Rahmen einer Widerklage nach einem Kündigungsschutzprozess im Raum. Das LAG hatte diesen Betrag in der Berufungsinstanz der Arbeitgeberin zugesprochen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch stehe die Regelung in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (Kostentragungspflicht im Urteilsverfahren) entgegen. Zudem habe die Arbeitgeberin die Erforderlichkeit der Kosten nicht dargetan.

Die Revision vor dem BAG war erfolgreich. Grundsätzlich müssten Beschäftigte die durch das Tätigwerden einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzen, wenn anlässlich eines konkreten Verdachts Ermittlungen gegen sie wegen einer erheblichen Verfehlung durchgeführt werden und eine schwerwiegende vorsätzliche Vertragspflichtverletzung aufgedeckt wird.

Erforderlichkeit ist Voraussetzung für Schadensersatz

Liegt ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung vor, sind solche Kosten Schadensbestandteil, die dem Arbeitgeber zur Abwendung drohender Nachteile als notwendige Aufwendungen anfallen, § 249 BGB – so das BAG. Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt, wie die Erfurter Richter klarstellen: »Die Grenze der Ersatzpflicht richtet sich nach dem, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung oder zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich getan haben würde.«

Im entschiedenen Fall fehlt es an der Darlegung eben dieser Erforderlichkeit der Kosten. Es sei nicht erklärt worden, welche konkreten Tätigkeiten/Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Kläger von der beauftragten Anwaltskanzlei ausgeführt wurden, so die Begründung des BAG.

§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG war in diesen Fall nicht anzuwenden.

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

BAG (29.04.2021)
Aktenzeichen 8 AZR 276/20
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