Personalratsarbeit

Rassistische Mail kostet Personalrats-Posten

19. Juni 2020
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Quelle: Kathrin39_Dollarphotoclub

Schickt ein Personalratsmitglied einem Kollegen im Gremium per Mail einen Link auf Seiten mit rassistischen Inhalten, verstößt er gegen seine Pflichten aus dem Personalratsamt und kann ausgeschlossen werden. Das hat das VG Hannover entschieden.

Ein Personalratsmitglied eines aus elf Personen bestehenden Gremiums hatte an einen aus Ruanda stammenden Personalratskollegen eine E-Mail mit einem Link zu einer Internetseite mit dem Artikel »Vom Anderssein des Schwarzafrikaners« verschickt. Kommentiert war die Mail mit den Worten: »Guten Morgen lieber E., wusstest Du das über Dich und die Deinen. Für mich ist das sehr aufschlussreich – positiv…«

Der Adressat benachrichtigte die Vorsitzende des Personalrats über den Vorfall. Nach einer Stellungnahme des Absenders, in der er sich für die Formulierung »positiv« entschuldigte, aber ansonsten argumentierte, dass Afrikaner stolz darauf sein könnten, noch so bodenständig und noch nicht durch Zivilisation umprogrammiert und konditioniert zu sein wie Europäer.

Personalrat will Mitglied ausschießen

Der Antragsteller hat daraufhin aufgrund entsprechender Beschlüsse vom 13. und 27. September 2018 am 4. Oktober 2018 das Beschlussverfahren in der Hauptsache mit dem Ziel des Ausschlusses des Personalratsmitglieds eingeleitet.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BPersVG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eines Viertels der Wahlberechtigten oder einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft den Ausschluss eines Mitgliedes aus dem Personalrat wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beschließen. § 28 Abs. 1 Satz 2 BPersVG regelt, dass der Personalrat aus den gleichen Gründen den Ausschluss eines Mitgliedes beantragen kann. Gesetzliche Pflichten im Sinne dieser Vorschrift sind sämtliche dem Personalrat und seinen Mitgliedern nach dem Personalvertretungsrecht obliegende Amtspflichten. Solche Amtspflichten können im Gesetz im Einzelnen normiert (z. B. § 10 BPersVG) sein, können sich aber auch aus Generalklauseln wie dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BPersVG) ergeben, heißt es in den Entscheidungsgründen.

Amtspflichtverletzung steht nicht zur Debatte

Das VG Hannover hatte nicht zu überprüfen, ob der Personalrat seine Amtspflichten als Beamter verletzt hat, sondern ob er vielmehr seinen Pflichten aus dem Amt des Personalrats nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Dabei setzt das für einen Ausschluss erforderliche grobe Fehlverhalten voraus, dass es objektiv erheblich ist, also aus der Sicht eines objektiv urteilenden, verständigen Beschäftigten das Vertrauen in eine künftig ordnungsgemäße Amtsführung zerstört oder zumindest stark erschüttert. Eine Wiederholungsgefahr braucht nicht zu bestehen, eine nachträgliche Wiedergutmachung oder eine Wohlverhaltenserklärung stehen einer Ahndung groben Fehlverhaltens deshalb auch nicht entgegen.

Diesen Anforderungen folgend hat das VG den Versender der Mail aus dem Gremium ausgeschlossen. Jede unterschiedliche Behandlung von Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität, Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts müsse unterbleiben, worüber die Personalvertretung zu wachen habe. Mit seiner Mail habe der Personalrat »in einer das Vertrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung stark erschütternden Weise und damit grob verstoßen«. Wie der Empfänger den Text einordne, sei irrelevant.

Kein Hüter des Rechts

Maßgeblich ist vielmehr, dass es sich dem Versender der Mail aufgedrängt haben muss, durch die Weiterleitung des Artikels an ein aus Afrika stammendes Personalratsmitglied eine von diesem nachvollziehbar so empfundene gravierende Ehrverletzung provoziert zu haben.

Mit diesem Verhalten habe er die aus § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG resultierende Verpflichtung, darüber zu wachen, dass keine abstammungs- und herkunftsbedingte Diskriminierung durch andere erfolgt, für sich selbst nicht beachtet. Gegen die damit im Zusammenhang stehende Pflicht aus § 67 Abs. 1 Satz 2 BPersVG zur Objektivität und Neutralität, die in einem engen Zusammenhang mit § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG steht, ist in gravierender Weise verstoßen worden. Auch die Größe des Adressatenkreises ist unerheblich. Die Verhaltenspflichten aus § 67 Abs. 1 BPersVG gelten unabhängig davon, ob ein missbilligtes Verhalten in der Dienststelle bekannt geworden ist.

Meinungsfreiheit tritt hinter PR-Pflichten zurück

Eine Verletzung des Grundrechts des Versenders der Mail auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG) kommt nicht in Frage, da die gesetzlichen Verhaltenspflichten von Personalräten eine verfassungsrechtlich offenkundig gerechtfertigte Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellen. Die Mail ist in Zusammenhang mit der Personalratsarbeit des auszuschließenden Mitglieds erfolgt, zumal auch ein weiteres Personalratsmitglied im Verteiler war. Der Pflichtverstoß wurde also nicht nur bei Gelegenheit der Ausübung des personalvertretungsrechtlichen Amtes begangen.

Ein etwaiger Verstoß gegen Pflichten aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis schließen eine Amtspflichtverletzung nach § 28 Abs. 1 BPersVG und einen Ausschluss aus dem Personalrat nicht aus.

© bund-verlag.de (mst)

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Quelle

VG Hannover (13.02.2020)
Aktenzeichen 16 A 6157/18
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