Beamtenrecht

Ruhegehalt dank verspätetem Disziplinarverfahren

20. November 2018
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Quelle: © Fontanis / Foto Dollar Club

Bei zureichenden Anhaltspunkten für ein Dienstvergehen muss der Dienstherr ein Disziplinarverfahren einleiten. Leitet er das Verfahren erst mit längerer Verspätung ein, ist dies bei Sanktionen mildernd zu berücksichtigen. Eine vollständige Aberkennung des Ruhegehalts ist dann nicht mehr verhältnismäßg - so das Bundesverwaltungsgericht.

Der Dienstherr legte der Kreisbeamtin u.a. zur Last, in der Zeit von Januar 2013 bis Januar 2015 in mehreren Fällen entgegen dienstlichen Weisungen des Vorgesetzten unentschuldigt nicht zu dienstlichen Terminen erschienen zu sein, dienstinterne Korrespondenz an außerhalb der Kreisverwaltung stehende Dritte weitergeleitet zu haben. Zudem warf er ihr vor, sich in E-Mails in despektierlicher, illoyaler und zum Teil verächtlicher Form über Kollegen geäußert zu haben. Der Landkreis hatte das Disziplinarverfahren gegen die Beamtin im April 2014 eingeleitet.

Auf die Disziplinarklage ist die Beamtin aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Zur Begründung führte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster aus: Die Beamtin habe schuldhaft gegen ihr obliegende Dienstpflichten verstoßen, insbesondere zum Erscheinen bei Dienstterminen und zum innerdienstlichen Wohlverhalten. Dadurch habe sie das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiderruflich zerstört (OVG Münster OVG Münster 9.11.2016 -  3d A 641/16.O). Zum 1. November 2018 setzte der Dienstherr die Beamtin vorzeitig zur Ruhe.

BVerwG hebt Aberkennung des Ruhegehalts auf

Auf die Revision der Beamtin hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Das BVerwG verwarf die Aberkennung des Ruhegehalts. Das BVerwG entschied, dass das monatliche Ruhegehalt der Beamtin nur für drei Jahre um ein Fünftel zu kürzen ist. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Beamtin habe zwar ein schweres Dienstvergehen begangen, indem sie über einen längeren Zeitraum dienstliche Anordnungen nicht befolgt und vielfach die Pflicht zu innerdienstlichem Wohlverhalten verletzt habe.

Verspätetes Disziplinarverfahren mildert Sanktionen

Die disziplinare Höchstmaßnahme - bei einer Ruhestandsbeamtin die Aberkennung des Ruhegehalts - ist aber nicht gerechtfertigt. Denn mildernd ist zu berücksichtigen, dass das Disziplinarverfahren gegen die Beamtin wesentlich zu spät eingeleitet worden ist. Der Dienstherr hätte bereits nach der ersten disziplinarwürdigen Dienstpflichtverletzung das behördliche Disziplinarverfahren einleiten und auf diese mit einer eigenen Disziplinarmaßnahme oder der Erhebung der Disziplinarklage reagieren müssen.

Dienstherr hätte mit Verweis beginnen müssen

Im Streitfall wäre in Betracht gekommen, dass der Dienstherr auf die zeitlich gestreckt aufgetretenen Dienstpflichtverletzungen verhältnismäßig zunächst durch niederschwellige disziplinare Maßnahmen reagiert. So hätte der Dienstherrnach dem unentschuldigten Nichterscheinen zu einem Diensttermin durch einen Verweis auf die Beamtin »pflichtenmahnend« einwirken können.

Lesetipps:

»Disziplinarmaßnahmen bemessen« von Sebastian Baunack in Der Personalrat 3/2017, S. 33

»Die Beteiligung im Disziplinarverfahren« von Maximilian Baßlsperger in Der Personalrat 7/2012, S. 297.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BVerwG (15.11.2018)
Aktenzeichen 2 C 60.17
BVerwG, Pressemitteilung vom 15.11.2018
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