Arbeitsvertrag

Kein Verfall für Anspruch auf Mindestlohn

19. Oktober 2018 Mindestlohn, Verfallklausel
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Quelle: magele_Dollarphotoclub

Arbeitsverträge, die nach dem 31.12.2014 geschlossen wurden, müssen in ihren arbeitsvertraglichen Verfallklauseln eine Ausnahme für Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn enthalten. Fehlt eine solche Ausnahme, ist die gesamte Klausel unwirksam. Von Yuliya Zemlyankina.

Ein Fließbodenleger war bei dem Arbeitgeber aufgrund eines 2015 geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt. Im Rahmen des im Kündigungsschutzverfahren vereinbarten Vergleiches verpflichtete sich der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb eines Monats nach der Beendigung ordnungsgemäß abzurechnen. In dieser letzten Abrechnung fehlte die Urlaubsabgeltung für noch offene neunzehn Urlaubstage.

Erst neun Monate später klagte der Fußbodenleger die noch offene Urlaubsabgeltung ein. Der Arbeitgeber berief sich auf die in dem Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussklausel, wonach alle beidseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber dem anderen Vertragspartner schriftlich geltend gemacht worden sind.

Ausschlussfrist war nicht zwingend

Anders, als in der vorinstanzlichen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (LAG), sprach das BAG dem Arbeitnehmer die Urlaubsabgeltung für neunzehn Urlaubstage zu. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers hätte der Arbeitnehmer den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist von drei Monaten geltend machen müssen.

Gesetzlicher Mindestlohn ist unabdingbar

§ 3 Satz 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) erklärt den gesetzlichen Mindestlohn für unabdingbar:

"Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam."

Ausschlussklausel ist unwirksam

Nimmt die Ausschlussklausel den ab dem 01.01.2015 unabdingbar zu leistenden gesetzlichen Mindestlohn aus der Ausschlussregelung nicht aus, verstößt sie wegen der Intransparenz gegen § 307 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Denn ohne eine ausdrückliche Ausnahme könnte der Arbeitnehmer irrtümlicherweise annehmen, dass seine in der Urlaubsabgeltung beinhalteten Mindestlohnansprüche verfallen sind, da er die vertraglichen Ausschlussfristen nicht eingehalten hat. Eine solche Klausel ist nicht klar und verständlich und deshalb insgesamt unwirksam.

Praxistipp:

In einer früheren Entscheidung erklärte das BAG bereits eine tarifliche Ausschlussfrist für unwirksam, soweit sie den während Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlenden gesetzlichen Mindestlohn erfasste. (BAG, Urteil vom 20.06.2018 – 5 AZR 377/17) Alle Vereinbarungen, welche die Geltendmachung des fortzuzahlenden Mindestlohnes beschränken, sind insoweit unwirksam. Und zu solchen Vereinbarungen gehörten nicht nur arbeitsvertragliche, sondern auch tarifliche Ausschlussfristen.

Nach diesen Entscheidungen dürfen bei solchen Klauseln die noch offenen Forderungen in Höhe des Mindestlohnes beansprucht werden, die aufgrund der Berufung der Arbeitgeber auf die arbeitsvertraglichen und tariflichen Verfallsfristen nicht verfolgt wurden. Der Arbeitsvertrag musste hierfür nach dem 31.12.2014 geschlossen worden sein. Die Verjährungsfristen sind zu beachten.

Yuliya Zemlyankina, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (18.09.2018)
Aktenzeichen 9 AZR 162/18
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 24.10.2018.
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