Einstellung

Was darf der Arbeitgeber fragen?

25. März 2021
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Quelle: pixabay.com / geralt

In welchem Umfang sind Stellenbewerber verpflichtet, Informationen zu geben, die der Arbeitgeber im Vorfeld einer Einstellung verlangt? Das regelt das »Fragerecht des Arbeitgebers«.

Der Normalfall ...

Bei gewöhnlichen Vertragsverhandlungen ist jede Seite frei, nach allem zu fragen, was ihr wichtig erscheint. Wer einen Kühlschrank oder ein Motorrad erwirbt, ist an den Eigenschaften des gekauften Objekts interessiert und will den genauen Preis kennen. Die persönlichen Verhältnisse der anderen Seite spielen in aller Regel keine Rolle. Würde der Verkäufer fragen: »Können Sie das überhaupt bezahlen?« oder »Ist Ihre Frau denn überhaupt damit einverstanden?« wäre dies in der Regel das Ende der Gespräche. Der Kunde würde sich an eine andere Firma wenden, wo man ihn weniger taktlos behandelt.

... und die Besonderheiten der abhängigen Arbeit

Bei den Verhandlungen über die Begründung eines Arbeits- oder eines Beamtenverhältnisses ist die Situation eine völlig andere.

  • Inhaltlich geht es nicht um irgendeine Sache, sondern um einen Menschen. Der Arbeitgeber will deshalb nicht nur einschätzen können, ob der Bewerber seiner Mentalität nach in die Dienststelle oder in das Team »reinpasst«. Vielmehr will er wissen, ob es sich um einen sachkundigen Menschen handelt und ob dieser so gesund ist, dass er nicht immer wieder ausfällt. Auch kann es ihn interessieren, ob der Bewerber Gewerkschaftsmitglied ist und deshalb – so denken manche Arbeitgeber – Unruhe in den Betrieb bzw. die Dienststelle bringen wird. Der Bewerber ist seinerseits interessiert, sich nicht »durchleuchten« zu lassen, nicht sein ganzes persönliches Leben anderen offenzulegen.
  • Anders als Käufer eines Kühlschranks oder eines Motorrads wollen Bewerber nach Möglichkeit zu einem Vertragsabschluss kommen. Ob es Alternativen gibt, ist oft unsicher, manchmal sogar unwahrscheinlich. Bewerber haben deshalb Schwierigkeiten, bei allzu »indiskreten« Fragen die Verhandlungen platzen zu lassen.
  • Ließe man die Frage nach bestimmten Eigenschaften wie Schwangerschaft und Schwerbehinderung generell zu, hätten die fraglichen Personen auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr. Es würde eine neue Problemgruppe entstehen. Gerade besonders geschützte Personen würden benachteiligt.

Was der Arbeitgeber darf ...

Der Bewerber darf nach allem gefragt werden, was mit dem in Aussicht genommenen Arbeitsplatz zusammenhängt. Welche Examina hat er bestanden? Welche Berufserfahrung hat er gesammelt, wo hat er bisher gearbeitet? Bestimmte Dinge sind so elementar, dass ohne sie das Arbeitsverhältnis gar nicht durchgeführt werden könnte: Ein Lkw-Fahrer etwa muss von sich aus darauf hinweisen, wenn er vorübergehend keinen Führerschein besitzt, und kann deshalb selbstredend auch danach gefragt werden. Grundsätzlich zulässig sind auch Einstellungsuntersuchungen, bei denen ermittelt wird, ob der Bewerber die gesundheitlichen Voraussetzungen für die in Aussicht genommene Tätigkeit mitbringt (Däubler, Arbeitsrecht, 13. Aufl., Frankfurt/Main 2020, Rn. 460).

... und was er nicht darf

Bestimmte Bereiche dürfen den Arbeitgeber bzw. den Dienstherrn dagegen nicht interessieren:

  • Das gilt einmal für das Privatleben. Ob jemand gerne Bergwanderungen macht oder Fußball spielt, ob er ins Theater geht oder lieber RTL schaut, was er gerne isst und wo er seine Ferien verbringt – das alles muss ausgeklammert bleiben.
  • Zweiter wichtiger Bereich sind die Diskriminierungsverbote. Eine Bewerberin darf nicht nach einer möglichen Schwangerschaft gefragt werden, weil dies nur Frauen betrifft (näher Däubler, Gläserne Belegschaften, 8. Aufl., Frankfurt/Main 2019, Rn. 215). Früher gab es als Entsprechung die Frage »Haben Sie Ihren Wehrdienst absolviert?«, die nur an Männer gerichtet wurde. Weiter darf nicht danach gefragt werden, ob jemand einen Migrationshintergrund hat, denn die Antwort wäre Grundlage für eine Benachteiligung wegen ethnischer Zugehörigkeit. Die Konfession darf keine Rolle spielen und ebenso wenig die geschlechtliche Orientierung.
  • Die Frage nach der Anerkennung als schwerbehindert wurde lange Zeit als zulässig angesehen. Mittlerweile lehnt sie die ganz herrschende Meinung in der Literatur ab (Nachweise bei Däubler, Gläserne Belegschaften, Rn. 219 Fn. 129). Und auch das BAG hat in einer »Nebenbemerkung« diesen Standpunkt vertreten (BAG 13.10.2011 – 8 AZR 608/10). Grund dafür ist, dass die Anerkennung als solche nichts darüber aussagt, ob Bewerber den Anforderungen der Stelle gewachsen sind oder nicht.
  • Vorstrafen müssen, wie in dem geschilderten BAG-Fall, außer Betracht bleiben, wenn sie mit der künftigen Tätigkeit nichts zu tun haben. Ist dies anders, ist eine entsprechende Frage sehr wohl zulässig: Der Kassier kann nach Vermögensdelikten, der Sportlehrer nach Sittlichkeitsdelikten gefragt werden. Ist die Strafe aus dem Strafregister getilgt, braucht sie nicht mehr angegeben zu werden.

Weitere Informationen

Neugierig geworden? Der umfassenden Beitrag von Wolfgang Däubler »Was darf der Arbeitgeber fragen?« aus »Der Personalrat« 3/2021 behandelt außerdem

  • Informationen über Bewerber aus dem Internet
  • Besonderheiten im öffentlichen Dienst
  • Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu den Besonderheiten der Bewerbungssituation

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