Infektionsschutz

Bund installiert Corona-Notbremse

22. April 2021
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Bisher konnte auf kommunaler Ebene das Infektionsgeschehen beurteilt und kraft eigener Kompetenz Maßnahmen angeordnet werden, um die Verbreitung von Covid-19 einzudämmen. Damit ist nun Schluss – der Bund hat mit den geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes den Weg frei gemacht, um selbst die Notbremse ziehen zu können.

Künftig treten Einschränkungen wie Ausgangssperren ab 22 Uhr bis 5 Uhr morgens bei entsprechend hohen Inzidenzwerten per Gesetz in Kraft. Überschreitet ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen eine Inzidenz von 100, wenn also innerhalb von sieben Tagen mehr als 100 Neuinfektionen auftreten, dann gelten dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche bundeseinheitlich festgeschriebene Maßnahmen.

Im Mittelpunkt aller Maßnahmen steht die Reduzierung der Kontakte. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den privaten Bereich, sondern trifft in allen Fällen auch Berufstätige. Hier die wichtigsten Corona-Neuregelungen, die im neuen § 28b des Infektionsschutzgesetzes enthalten sind,  im Überblick:

Homeoffice: Arbeitgeber waren schon im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung verpflichtet, Homeoffice anzubieten, wenn möglich. Mit der Aufnahme in das Infektionsschutzgesetz wird die Homeoffice-Pflicht verstärkt. Beschäftigte haben jetzt die Pflicht, Homeoffice-Angebote wahrzunehmen, wenn es privat möglich ist. Gründe, dass dies nicht möglich ist, können räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung sein. Arbeitgeber müssen gegenüber der zuständigen Behörde darlegen, weshalb Homeoffice nicht möglich ist, wenn die Behörde dies verlangt. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) reicht eine Mitteilung des Beschäftigten auf Verlangen des Arbeitgebers über die fehlende Homeoffice-Möglichkeit aus. Kontrollen seien nicht zu erwarten.

DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte der F.A.Z.: »Dass Beschäftigte dieses Angebot grundsätzlich ernst nehmen müssen, ist in der jetzigen Situation richtig und wichtig.« Es dürfe jedoch kein aufwendiger Nachweis damit verbunden sein und es dürften auch keine Sanktionen drohen, wenn die Gründe von den Beschäftigten nicht genannt würden, so Hoffmann weiter. Bußgelder sind im Gesetz nicht vorgesehen.

Wichtig: Kontakte bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, der Teilnahme an Streiks, der Wahrnehmung politischer Mandate, im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeiten oder behördlicher Termine zählen nicht als Kontakte im Rahmen privater Zusammenkünfte und fallen daher nicht unter die Kontaktbeschränkungen – also ein Haushalt plus eine weitere Person.

Bildungseinrichtungen: Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen müssen ab einem Inzidenzwert von 165 den Präsenzunterricht einstellen. Der ursprüngliche Koalitionsentwurf hatte noch einen Inzidenzwert von 200 vorgesehen. Ausnahmen gibt es für Abschluss- und Förderklassen.

Körpernahe Dienstleistungen: Diese Dienstleistungen sind nur in Ausnahmefällen erlaubt, also als medizinische, therapeutische, pflegerische oder seelsorgerische Maßnahmen. Auch Friseurbesuche und Fußpflege sind nach Vorlage eines tagesaktuellen negativen Corona-Test gestattet.

Ladenöffnungen: Geöffnet bleiben der Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel. Auch Fahrrad- und Autowerkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen und ähnliches bleiben geöffnet. In allen Fällen sind entsprechende Hygienekonzepte und die Maskenpflicht Voraussetzung. Liegt die Inzidenz unter 150, ist in allen Geschäften mit Termin und negativem Corona-Test einkaufen gestattet.

Freizeit- und Sportmöglichkeiten: Gastronomie und Hotellerie, Freizeit- und Kultureinrichtungen wie Museen, Kinos und Theater müssen bei einer Inzidenz über 100 schließen. Außenbereiche von zoologischen und botanischen Gärten dürfen mit aktuellem negativen Test besucht werden. Auch die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen sind dagegen weiterhin möglich. Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken können untersagt werden. Die Regelungen treten außer Kraft, wenn der Inzidenzwert von 100 an fünf aufeinander folgenden Werktagen unterschritten wird.

Profisport: Berufssportler sowie Leistungssportler der Bundes- und Landeskader können mit entsprechenden Hygienekonzepten weiterhin trainieren und Wettkämpfe vor leeren Rängen austragen.

Darüber hinaus ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung geplant, die vom Bundestag beschlossen werden soll und die Rechte geimpfter und immunisierter Personen regeln soll.

Die vorgestellten Maßnahmen und Regelungen sind im Vierten Bevölkerungsschutzgesetz verankert, dass eine Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes enthält. Der Bundestag hat das Gesetz am 21. April verabschiedet. Am 22. April wird der Bundesrat beraten. Das Gesetz ist dort nicht zustimmungspflichtig. Das Gesetz ist zunächst bis Ende Juni 2021 befristet.

Quelle:

Deutscher Bundestag Textarchiv: »Bevölkerungsschutzgesetz: Bundesweite Notbremse beschlossen«

Pressemitteilung der Bundesregierung zum Vierten Bevölkerungsschutzgesetz vom 21. April 2021

www.faz.net: »Homeoffice wird für Arbeitnehmer zur Pflicht«

© bund-verlag.de (mst)

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