Arbeitsschutz

Höheres Krebsrisiko bei Nachtschicht

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Quelle: diego cervo_Dollarphotoclub

Nachtschichten sind ungesund, das ist lange bekannt. Schon 2007 hat ein internationales Forscherteam ermittelt, dass Nachtarbeit »wahrscheinlich karzinogen« ist. Die aktuelle arbeitsmedizinische Forschung hat das Krebsrisiko bestätigt, im Arbeitsschutz müssen diese Erkenntnisse stärker beachtet werden. Dr. Klaus Heimann informiert in der Ausgabe »Gute Arbeit« 1/2020 über die Forschungslage.

In erster Linie geht es den Interessenvertretungen in den Betrieben darum, die Schichtsysteme möglichst nach den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen umzusetzen und den Gesundheitsschutz zu verbessern (s. Stichpunkte unten). Nun wurden die Arbeitsschutzakteure abermals von beunruhigenden Forschungsergebnissen aufgeschreckt: dass nämlich regelmäßige Nachtarbeit Krebs auslösen kann. Zu dem Urteil kam ein Gremium von 27 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, das den Zusammenhang für die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) aktuell untersucht und geprüft hat.

Nachtarbeit eindämmen, nicht ausbauen

Die Kommission war im Auftrag der IARC in Lyon tätig, eine Abteilung der Weltgesundheitsbehörde der Vereinten Nationen. Sie hat neue, relevante Studien analysiert und kommt erneut zum Fazit: Nachtschichten sind »wahrscheinlich karzinogen«. Die Einschätzung wurde damit zum zweiten Mal in Folge bestätigt.

Dr. Klaus Heimann berichtet in »Gute Arbeit« 1/2020 nicht nur über das Thema (S. 24-26). Er hat auch mit einem der beteiligten Wissenschaftler des IARC ein Interview über die Ergebnisse geführt: Dr. Hajo Zeeb zieht darin das Fazit, dass Nacharbeit am besten eingedämmt wird und keinesfalls weiter ausgebaut werden sollte.

Millionen Beschäftigte in Schichtsystemen

Der Schrecken war deshalb so groß, weil Schichtarbeit generell weit - und Nachtschichten zumindest in erheblichem Ausmaß - im Arbeitsalltag verbreitet sind, und zwar von der Produktion über die Pflege bis zur Polizei. Die Zahl der Schichtarbeiter/innen lag 2015 in Deutschland bei 5,6 Mio. Beschäftigten, 20 Jahre früher, im Jahr 1995, waren es noch 3,8 Mio. Regelmäßig Nachtarbeit absolvieren 2,9 Mio. Beschäftigte (2015), 1995 waren es noch 2,4 Mio. Allein die Zahl der Arbeitnehmer/innen mit Nachtschichten ist in den letzten 20 Jahren um 500000 oder rund 21% gestiegen.

Empfehlungen für die Praxis

Der Beitrag von Klaus Heimann wiederholte auch wesentliche arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, die Schichtsysteme etwas günstiger gestalten, gesundheitsgerecht sind sie damit nicht. Hier ein Auszug:

  • Die Anzahl der aufeinanderfolgenden Nachtschichten soll möglichst gering sein.
  • Auf eine Nachtschichtphase soll eine möglichst lange Ruhephase folgen.
  • Geblockte Freizeit am Wochenende ist günstiger als einzelne freie Tage.
  • Schichtarbeiter/innen sollten möglichst zusätzliche freie Tage pro Jahr erhalten.
  • Der Schichtplan soll vorwärts rollieren: z.B. zwei Frühschichten, zwei Spätschichten, zwei Nachtschichten, danach längere Freizeit.

Weitere Informationen

Der Beitrag von Dr. Klaus Heimann und das Interview mit Prof. Dr. Hajo Zeeb zum Krebsrisiko Nacharbeit nachlesen im Archiv der Zeitschrift »Gute Arbeit« 1/2020 (S. 24-26).

Außerdem in der Ausgabe das Titelthema lesen:

»DGB-Index Gute Arbeit – Dem Arbeitsstress entgegenwirken« (S. 8-19) mit diesen Beiträgen:

  • Dr. Rolf Schmucker, Johann Gerdes: »Arbeiten an der Kante« (S. 8-12)
  • Dr. Rolf Schmucker, Johann Gerdes: »Jede/r Fünfte im roten Bereich« (S. 13-15)
  • Moriz-Boje Tiedemann: »StressBarometer – Instrument für Gute Arbeit« (S. 16-19).

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