EU-Datenschutz

Experte Peter Wedde zum neuen Datenschutz

03. April 2017
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Quelle: © yvonneweis / Foto Dollar Club

Die Bundesregierung hat einen Entwurf für ein Deutsches Anpassungsgesetz zum Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vorgestellt. Es soll regeln, was die ab Mai 2018 gültige Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu regeln übrig lässt. Kurz vor der Anhörung im Bundestag hat die Große Koalition jetzt einen Änderungsantrag vorgelegt. Was der besagt und womit Beschäftigte zu rechnen haben, erklärt unser Experte Prof. Dr. Peter Wedde.

Am 27.3.2017 fand im Innenausschuss des Deutschen Bundestags eine Sachverständigenanhörung zum Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU (DSAnpUG-EU) statt. Erst unmittelbar vor der Anhörung wurde von den Fraktionen der Großen Koalition ein Änderungsantrag zu diesem Gesetz vorgelegt.

1. Welche Änderungen zum vorliegenden Entwurf des DSAnpUG-EU sind zu erwarten?

Peter Wedde:

Der am 27. März 2017 vorgelegte Änderungsantrag der Großen Koalition beschränkt sich auf wenige Themen wie etwa Präzisierungen der Vorgaben zur Ermittlung von Score-Werten oder Änderungen der Regelungen zur Information von Betroffenen oder des Rechts auf Löschung von Daten. Auf eine Berücksichtigung der zahlreichen weiteren und grundlegenden Kritikpunkte, die es zum Entwurf des DSAnpUG-EU gibt, hat die Regierungskoalition verzichtet.

2. Wie sind die vorgeschlagenen Änderungen zu bewerten?

Peter Wedde:

Um den Änderungsantrag bewerten zu können, ist ein Blick auf den vorliegenden Entwurf des DSAnpUG-EU sinnvoll: Hierzu gibt es zahlreiche bedeutsame Kritikpunkten wie etwa, dass er keine umfassender Regelungen zur Videoüberwachung enthält, dass dort weitgehende Ausnahme vom Anwendungsbereich der DSGVO für Berufsgruppen vorgesehen sind, die einer gesetzlichen Schweigepflicht unterliegen, dass eine geschlossene Gesamtregelung zum Beschäftigtendatenschutz fehlt oder dass eine Aushöhlung der Löschungsverpflichtung in der DSGVO durch die Ausweitung von Sperrungsmöglichkeiten vorgesehen sind. Vor diesem Hintergrund sind die nunmehr eingebrachten Änderungsvorschläge nicht von herausragender Bedeutung. Teilweise stärken sie sogar die Rechte von Betroffene wie etwa durch die vorgeschlagene Beschränkung der Berechtigung für die Verarbeitung zu anderen Zwecken auf den Bereich zivilrechtlicher Ansprüche (vorher »rechtlicher Ansprüche«). Eine auf den ersten Blick schon fast anachronistische Verbesserung ist die Begrenzung der Zulässigkeit einer Sperrung statt einer Löschung auf die Fälle nicht automatisierter Datenverarbeitungen, für die beispielhaft auf »Microfiches« verwiesen wird. Es bleibt indes abzuwarten, ob diese Ausnahmeregelung von einzelnen Verarbeiter nicht zur Schaffung neuer »löschungsfreier« Datenbestände missbraucht wird.

3. Können die datenschutzrechtlichen Vorgaben, die die DSGVO macht, durch ein nationales Gesetz überhaupt verschlechtert werden?

Peter Wedde:

Reduzierungen des Datenschutzstandards, den die DSGVO ab dem 25. Mai 2018 vorgibt, sind nur zulässig, wenn sie durch »Öffnungsklauseln« in der Verordnung ausdrücklich ermöglicht werden. Ob der vorliegende Entwurf der DSAnpUP-EU diese Voraussetzungen erfüllt, ist bezogen auf einzelne Vorschriften fraglich. Kritisch zu beurteilen sind insbesondere die Einschränkungen, die das DSAnpUG-EU bezogen Informations- und Auskunftsrechte der Betroffenen nach der DSGVO sowie hinsichtlich der dort enthaltenen Löschung enthält. Diese Kritikpunkte werden durch die Vorschläge im Änderungsantrag zwar abgemildert, aber nicht gegenstandslos. Ob und wo es europarechtswidrige Regelungen gibt, werden wir spätestens in ein paar Jahren wissen, wenn zu diesem Thema erste Entscheidungen des EuGH vorliegen. Lesetipps der Online-Redaktion:

  • »Computer und Arbeit« (CuA) 3/2017: Titelthema der Ausgabe ist der EU-Datenschutz und was sich ändert
  • EU-Anpassungsgesetz verschlechtert Datenschutz: Interview mit Prof. Dr. Peter Wedde
Der Interviewpartner:

Dr. Peter Wedde,

Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences und wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung in Eppstein.  

Buchtipp der Online-Redaktion: Kommentar zur EU-DSGVO

Peter Wedde

EU-Datenschutz-Grundverordnung

Kurzkommentar mit Synopse BDSG - EU-DSGVO 2016, 346 Seiten, kartoniert, 1. Aufl. ISBN: 978-3-7663-6589-7

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